Uwe Knüpfer
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Die Politiker und der BSE-Skandal

8/12/2000

 
Der bayerische Landwirtschaftsminister stellt sich schützend vor die gesunden Rinder des Freistaats. Was so normal klingt, wirkt in diesen Tagen des Rinderwahns wie der Mut zum politischen Selbstmord.

Der BSE-Skandal hat sein Gutes. Nicht nur führt er uns Wurstessern drastisch vor Augen, was wir bedenken- und willenlos in uns hineinstopfen ließen. Er offenbart zudem die weite Verbreitung einer Seuche ganz anderer Art: einer Seuche, die unsere Politiker befallen hat. Sie führt zum schleichenden, in manchen Fällen auch abrupten Verlust von Rückgrat und Urteilsfähigkeit.

Jahrelang haben sich Behörden und Politiker geweigert, die Warnungen von Wissenschaftlern ernst zu nehmen. Leider kann, was sträflich versäumt worden ist, nicht per Kraftakt nachgeholt werden, nicht einmal durch ein kanzlerhaftes Basta!

Genau diesen Eindruck versuchen Politiker und Behörden aber zu vermitteln, seit das Kürzel BSE so volkstümlich geworden ist wie Aids.

Warum werden ganze Herden von Rindern notgeschlachtet, nur weil eines aus ihrer Mitte den BSE-Erreger im Körper hatte? Bislang wurde nicht bekannt, dass BSE durch schlichten Körperkontakt übertragbar wäre. Die Rinder müssten einander schon fressen, um sich gegenseitig anzustecken.

Das demonstrative Massenschlachten dient dem einzigen Zweck, Entschlossenheit zu demonstrieren.

Wissenschaftler weisen darauf hin, es sei besser, sogar infizierte Tiere zu Forschungszwecken am Leben zu erhalten.

Von den zuständigen Politikern und Behörden erwarten wir, dass BSE-verseuchtes Fleisch von Mensch und Tier ferngehalten wird. Und dass alles geschieht, um bald möglichst verstehen zu können, woher der Erreger kam und wie er sich verbreitet. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Tee: Abwarten wird teuer

1/1/1990

 
Steigender Verbrauch treibt die Preise

Aktualisiert 17. August 1984  08:00 Uhr 

Von Uwe Knüpfer

Horst Fischer beugt sich leicht hinunter zu der henkellosen Tasse aus weißem Porzellan, führt sie zügig zum Mund und saugt den Tee mit einem laut schlürfenden Geräusch in sich hinein. Jetzt hebt er den Kopf, den Blick ins Nirwana gerichtet, bewegt den Schluck sichtlich in seinem Mundraum hin und her und gibt dabei dreimal rasch hintereinander ein Geräusch von sich, das sich als eine Mischung aus Grunzen und Glucksen nur unvollkommen beschreiben läßt. Neben ihm steht, auf Rollen, ein hoher Kupfereimer. Hierin landet die verbrauchte Probe – wie ein ausgekauter Priem.

„Ist in Ordnung“, sagt Horst Fischer. Er ist Teataster – „Teeprobierer“ übersetzt er selbst – bei der Tee-Im- und Exportfirma Hälssen und Lyon im Hamburger Freihafen. Fischers Probier-Kontor ist vollgestopft mit Blechdosen und einer bunten Vielfalt von Teetüten und -tütchen aus aller Welt – soweit sie Tee produziert. An der Wand hängt eine Tafel mit den wichtigsten Devisenkursen, stets auf dem aktuellen Stand. Während Horst Fischer schluckt und gluckst und spuckt, entscheidet er für seine Firma über Ausgabe oder Nichtausgabe mitunter sechsstelliger Beträge. „Ich muß heute schmecken, was der Kunde in einem halben Jahr kaufen will“, beschreibt er sein Geschäft.

Anders als ihre Kollegen in der Kaffee-Branche schließen Teehändler nur in Ausnahmefällen feste Lieferverträge mit Tee-Exporteuren oder Plantagen ab. In der Regel führt der Weg des Tees vom Erzeuger zum Verbraucher über Auktionen; in London, vor allem aber in Kalkutta und anderen Metropolen des Fernen Ostens. Diese Börsenplätze haben eine gewaltige Hausse hinter sich. Länger als ein Jahr kletterten die Teepreise am Weltmarkt auf immer neue Rekordmarken; seit Mai etwa halten sie sich auf hohem Niveau.

Die deutschen Teetrinker haben davon aber bislang kaum etwas zu spüren bekommen. Auch nachhaltige Preisbewegungen am Weltmarkt erreichen den Verbraucher hierzulande erst viele Monate später, mit stark abgeschwächter Wirkung. Dennoch: Anfang 1984 erhöhten einige Marken ihre Preise um rund zehn Prozent, und Experten rechnen mit weiteren Anhebungen noch im Laufe dieses Jahres. Langfristig wird Tee teurer, denn weltweit wird Jahr für Jahr mehr davon getrunken. Einer Ausweitung der Produktion guter Tees sind aber ökologische Grenzen gesetzt.

Im Hamburger Hafen, dem bedeutendsten Tee-Umschlagplatz des Kontinents, lagern ständig rund zehntausend Tonnen dieses haltbaren Genußmittels. Damit kämen Deutschlands Teetrinker ein halbes Jahr lang aus. Aber nicht nur die Händler – also Importeure – sondern auch die Packer – also Vermarkter – halten Lager. Markentees sollen nämlich immer gleich schmecken. Der Geschmack der Blätter wechselt aber von Erntewoche zu Erntewoche, von Plantage zu Plantage. Mischungen wie die „ostfriesische“ oder die „englische“ müssen deshalb ständig neu zusammengesetzt, zusammengeschmeckt werden. Das besorgen die Teataster. Teure Tees verschneiden („blenden“) sie mit preiswerteren, neu angelandete mit schon länger gelagerten Vorräten.

Die hohen Zinsen der letzten Jahre haben die Lagerhaltung verteuert. Viele Packer (nicht Händler!) räumten daher ihre Lager. Auch deshalb konnten sie ihre Preise lange halten.

In Deutschland trinken fast nur Kenner Tee. Deshalb kaufen deutsche Händler in Indien und Sri Lanka stets die besten – und damit teuersten – Sorten und Ernten auf. Die meisten Kenner leben in Ostfriesland. Ein Fünftel aller importierten Tees endet in friesischen Aufgüssen. Teebeutel werden dort nur selten verwandt, und auch bundesweit konnten sie ihren Marktanteil von fast fünfzig Prozent in letzter Zeit nicht mehr vergrößern. Auch der Boom der künstlich aromatisierten Kirsch-, Whisky- und-so-weiter-Tees scheint vorüber. In Skandinavien, Italien und Amerika beginnt er erst, zur Freude der deutschen Händler.

Ein halbes Pfund Tee brüht der statistische Durchschnittsdeutsche pro Jahr auf, drei Kilogramm der Ostfriese, noch mehr verbrauchen nur Briten und Iren.

Seit die Opec-Länder zu Geld gekommen sind, steigt der Teeverbrauch auch im Nahen Osten; In Saudi-Arabien etwa verzehnfachte er sich beinahe zwischen 1977 und 1981. Folgenschwerer noch für den Welt-Teemarkt ist das Bevölkerungswachstum im wichtigsten Erzeugerland, in Indien. Die Inder trinken jährlich etwa um so viel mehr Tee, wie die Bundesdeutschen insgesamt verbrauchen. Allerdings nehmen die armen Inder, anders als die reichen Araber, vor allem mit billigeren Sorten vorlieb, sogenannten „bread-and-butter-teas“. Deren Preise sind denn auch an den Auktionsorten am kräftigsten gestiegen, zumal während des indischen Exportverbots für schlichte, Sorten, das im Dezember 1983 verhängt und erst im Mai angesichts außerordentlich reichhaltiger neuer Ernten wieder aufgehoben wurde.

In Sri Lanka, dem zweitwichtigsten Tee-Exportland, ist die Produktion rückläufig. Nach der Verstaatlichung der Teeplantagen kamen oftmals Personen in leitende Funktionen, die die Kunst des Teeanbaus schlechter beherrschen als die des politischen Ränkespiels. Zudem gehen den ceylonesischen Plantagen die Facharbeiter aus. Die geibten Teeverarbeiter und Pflückerinnen gehören nämlich der tamilischen Minderheit an. Ihre Vorfahren wurden von britischen Plantagenbesitzern einst von Indien her nach Ceylon umgesiedelt. Heute bemühen sich die Regierungen beider Länder um eine Rücksiedlung der Tamilen. Die Folge: Auf den Plantagen arbeiten neuerdings Angehörige der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit, und inzwischen erledigen auch Männer hier und dort die traditionelle Frauenarbeit des Pflückens.

Männer und Frauen traten im April auf vielen Plantagen Sri Lankas gemeinsam in den Streik. Sie setzten durch, daß beide Geschlechter jetzt gleich bezahlt werden. Der Tagelohn beträgt seither umgerechnet 2,20 Mark; Kinder bekommen etwas weniger.

Sri Lanka bezieht rund dreißig Prozent seiner gesamten Exporterlöse aus dem Teegeschäft. Der Staat verdient gleich dreifach: Als Plantagenbesitzer und durch das Erheben von Steuern und Zöllen. Es leben außerdem vom Tee: Broker an den Auktionsorten, Exportfirmen und europäische Händler. Dennoch entfallen von einer Mark, die ein deutscher Verbraucher für Tee ausgibt, nur 25 Pfennig auf die Kosten der importierten Ware. Weitere 25 Pfennig gehen für Kosten und Gewinn des Packers drauf 16 Pfennig kassiert der deutsche Fiskus. Und 34 Pfennig schließlich sind für den Händler reserviert, der den abgepackten Tee dem Verbraucher verkauft. Helmut Grösser vom Deutschen Teebüro: „Die große Handelsspanne ist leider nötig, weil Tee keinen Umsatz hat.“

Die deutsche Teekultur im Blick, könnte Grösser auch von einem Teufelskreis sprechen. Geringer Umsatz der Branche bedeutet für sein Teebüro: vergleichsweise wenig Geld für Werbung. Und so wird die Mehrheit der Deutschen wohl nie lernen, Tee richtig zuzubereiten. Tee, so sagen Experten, könne sein göttliches Aroma nur entfalten, wenn das Wasser sauber, die Aufgußmenge reichlich bemessen und von keinem engen Tee-Ei an seiner Geschmacksentfaltung gehindert ist.

Horst Fischer, der Teeprobierer im Hamburger Hafen, kostet im Schnitt zweihundert Sorten Tee täglich. Jede davon, behauptet er, kann er wiedererkennen. Viele Worte verliert er darüber nicht. Seine Antwort auf die Frage: „Wie schmeckt denn nun der Tee, den Sie gerade getestet haben?“ entbehrt des blumigen Vokabulars seiner Kollegen von der Wein-Zunft: „Gut“.

  • Quelle DIE ZEIT, 17.8.1984 Nr. 34

Durst, Drinks und Dollars

1/1/1990

 
Amerikanische Cola-Hersteller glauben an grenzenloses Wachstum

Aktualisiert  6. März 1987  07:00 Uhr  Von Uwe Knüpfer

Was unterscheidet Bier von Cola? Von Bier kann jeder Mensch nur begrenzte Mengen trinken. Cola dagegen und überhaupt Softdrinks, also all jene gesüßten und aromatisierten Wässerchen, die früher mal als Limonaden firmierten, kennen angeblich keine Grenzen des Durst-Wachstums. David Reese jedenfalls glaubt das felsenfest. Diese Uberzeugung ist sozusagen seine Geschäftsgrundlage. Reese ist ein mittelständischer amerikanischer Pepsi-Fabrikant, und die Finanzierung seines Firmengebäudes beruht auf der Annahme, der Softdrink-Verbrauch seiner Landsleute werde stetig weiter wachsen. Wie seit nun schon 138 Jahren.

Viel mehr als Whiskey oder sonstwas ist Limonade das Getränk Amerikas. Lange bevor Coca-Cola und später Pepsi kamen, den Markt an sich rissen und die Produktion industrialisierten, braute jede Familie ihr eigenes Prickelgetränk, profitierten örtliche Kleinbetriebe vom Durst der Nachbarschaft. Die offizielle Verbrauchsstatistik der Branche jedenfalls reicht zurück bis 1849. Seither, das sollen die Zahlenkolonnen eindrucksvoll belegen, geht es mit den „weichen Getränken“ unaufhörlich bergauf.

Nur in einem einzigen Jahr tranken die Amerikaner pro Kopf weniger Softdrinks als im Jahr davor. Das war 1974, minimal, und wird verdrängt.

Lieber schon erinnert die Branche daran, daß jeder US-Bürger 1985 doppelt soviel Limonade wie Milch durch seine Kehle rinnen ließ und zwanzigmal soviel wie Wein. Im Durchschnitt, natürlich. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Denn offenbar gibt es noch immer auch in den USA Menschen, die lieber mit anderen Flüssigkeiten als Cola, Cherry-Cola, Diät-Cola, Zitronen- oder Orangenlimo ihren Durst löschen. Auch darauf bauen Unternehmer wie David Reese ihre Wachstumshoffnungen: „Wer sagt denn, daß man zum Frühstück Kaffee trinken muß oder Wein zum Essen? Der Trend geht ohnehin weg vom Alkohol. Und Softdrinks schmecken zu jeder Tageszeit und zu jeder Gelegenheit.“

Wenn es denn unbedingt sein müßte, würden Pepsi und Cola sicher auch Limonaden mit Kaffee- oder Weinaroma produzieren. Möglicherweise tun sie das auch schon. David Reese allein vertreibt 99 verschiedene Geschmacksrichtungen. Er erwähnt das nicht ohne Stolz.

Beinahe könnte man Reese für einen amerikanischen Bilderbuchunternehmer halten. Er ist jung, er ist dynamisch und ein Optimist. Die Wand hinter seinem Schreibtisch, wonin andere Manager einen Picasso-Druck hängen, ziert die realistische Wiedergabe eines Monopoly-Spielbrettes.

Was David Reese äußerlich vom Idealbild des US-Managers abhebt, ist allenfalls das Bäuchlein, das seinen Pullover unübersehbar strafft. Ihn persönlich scheinen die Diätsorten seiner Getränke wohl nicht überzeugt zu haben.

David Reese gibt sich gern hemdsärmelig. Im Betrieb überläßt er das Krawattentragen seinen leitenden Mitarbeitern. Der Betrieb: Vater Reese hat ihn vor zwanzig Jahren gekauft, 1967 haben David und sein Bruder ihn geerbt. Er besteht im wesentlichen aus einer kastenartigen Fabrik mit großem Höf. Die wiederum dominiert das Ortsbild der kleinen Gemeinde Kecksburg inmitten der sanftgewellten Laurel Highlands, westliches Pennsylvanien.

Das modernste an ihm ist die Datenverarbeitung: kein Büroraum ohne Computeranschluß. Die Abfüllmaschinen in der großen Halle dagegen rattern und dampfen bar jeden Yuppie-Schicks. Und ein nahezu vorkapitalistisches Idyll tut sich auf beim Betreten der Garage.

Drei ältere Mechaniker machen Pause. Der Werkstattchef sieht so aus, als hätte er schon in der ersten Folge von „Lassie“ die Rolle eines älteren Mechanikers gespielt, dessen Anblick jedermann davon überzeugt, daß er alles, aber auch wirklich alles zu reparieren versteht – nach dem Motto: Kommt Zeit, kommt Rat. Er gehörte schon zum Betrieb, als David noch in den Windeln lag.

Der versichert, er habe das natürlich durchgerechnet. Aber die Unterhaltung der Werkstatt, die dafür sorgt, daß auch die betagtesten Lkw noch immer klaglos ihren Dienst tun, sei tatsächlich wirtschaftlicher als die regelmäßige Erneuerung des Wagenparks. Es scheint, als sei ihm das auch lieber so.

Die Computer in den Büros halten den Kontakt aufrecht zum Zeitgeist und zu den anderen Standorten der Reese-Company. Denn die besteht längst nicht mehr nur aus einer Fabrik. Und sie ist auch längst nicht mehr ein reiner Familienbetrieb.

Eine Wandkarte in Davids Büro zeigt die Einteilung der USA in Pepsi-Absatzgebiete. Farbig schraffiert sind die Markt-Regionen, die schon Reese und seinen Kompagnons gehören, fast zehn immerhin. Es sieht aus wie der Anfang eines Puzzles.

Die Riesen der Branche, allen voran Coca-Cola, haben seit Beginn dieses Jahrhunderts nämlich ihr süßes Imperium aufgebaut, indem sie erst die USA, dann die Welt in Absatzgebiete aufteilten. Für jedes vergaben sie nur eine Absatz-Lizenz, an einen sogenannten Franchise-Nehmer. Das hat sich jahrzehntelang bewährt, doch jetzt ist „der Softdrink-Markt in Bewegung“, so Reese. Seit gut zehn Jahren gleichen die Verkaufsgrenzen einem zu eng gewordenen Korsett.

Denn diese Grenzen waren orientiert am Straßennetz und an der Tatsache, daß die Endverbraucher sich ihre süßen Wasser pfandflaschenweise aus kleinen Mom-and-Pap-Shops holten. Die Zentrale liefert traditionell ihren Franchise-Nehmern nur das Konzentrat, den Markennamen und sorgt für die Werbung. Die Produktion und Verteilung war je dezentraler desto billiger – eine Formel, die nicht mehr stimmt, seit sich die Branche radikal auf Einwegbehälter umgestellt hat – auf Wegwerfflaschen und Dosen, die sich der Kunde inzwischen meist aus dem Supermarkt holt.

Doch nur wenn einer der regionalen Partner seine Lizenz verkauft, lassen sich größere Softdrink-Absatzgebiete schaffen. David Reese will unter denen sein, die auch im Jahre 2000 noch im Geschäft sind, dann aber „richtig“. Und so kauft er, was zu kaufen ist, auch wenn manchmal noch zwei oder drei andere Franchise-Gebiete zwischen der Neuerwerbung und seiner Stammregion liegen.

Dazu reichte das Ersparte der Familie nicht aus, trotz der offensichtlichen Investitionszurückhaltung im Stammbetrieb. Also haben die Reeses nach Partnern im nahen Pittsburgh gesucht. Sie fanden sie in Gestalt von gutverdienenden Business-Leuten und Rechtsanwälten, die sich vom Wachstumsoptimismus der Softdrink-Branche haben anstecken lassen. Die Beteiligung am Franchise-Monopoly mag ihnen, nebenbei, eine Art Glücksspielersatz sein.

Denn andere kaufen auch. Bis Ende 1986 war die Zahl der Coca-Cola-Verkaufsregionen in den USA von einstmals über 1000 auf nur noch gut 400 geschrumpft. Es ist ein Wettrennen darum, wer am schnellsten am größten wird – wie beim Monopoly. Denn für jeden Softdrink-Fabrikanten gilt, was David Reese so formuliert: „Preiswerter können wir nur werden, wenn die Produktionskosten sinken. Und die Produktionskosten sinken nur, wenn wir die Herstellung und Abfüllung zentralisieren.“ Also: größere Fabriken für größere Absatzgebiete.

Und preiswerter zu werden, also billiger als die jeweilige Konkurrenz, sei die Grundvoraussetzung für weiteres Wachstum. Jenseits aller tatsächlichen oder eingebildeten Geschmacksunterschiede zwischen den konkurrierenden Marken ist es nach der Marketing-Strategen fester Uberzeugung nämlich noch immer in erster Linie der Preis, der die Käufer ins „richtige“ oder „falsche“ Regal greifen läßt.

Die Kunst sei es deshalb nicht, die Menschen zum Trinken zu bewegen, sondern zum Kaufen. Wer in den Supermarkt geht, um eine Dose zu erwerben, sollte ihn verlassen mit dem preiswerten Zwölferpack unterm Arm, Tag für Tag. „The more I can get you to buy, the more you will drink“, zitiert David Reese das Glaubensbekenntnis der Softdrink-Branche: Je mehr ich Dir aufschwatzen kann, desto mehr wirst Du trinken.“

  • Quelle DIE ZEIT, 6.3.1987 Nr. 11

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