Uwe Knüpfer
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Die Saat ist aufgegangen - Anschläge in Oslo und Utoya

25/7/2011

 
Ist Anders Breivik ein Verrückter? Natürlich, denn wer bei Trost ist, legt keine Bomben und macht nicht "Jagd auf Marxisten". Aber der Attentäter von Oslo und Utoya lebt offenbar in einer Gedankenwelt, in der er mitnichten allein ist.

 

Breiviks 1500 Seiten dickes "Manifest" ist weitgehend ein Plagiat. Das legen die bisher vorliegenden Übersetzungen nahe. Der Mörder von Oslo und Utoya hat fleißig bei Rechtspopulisten abgeschrieben. Das sind Menschen, die ein politisches Geschäft daraus machen, fremdenfeindliche Ängste zu befeuern, rassistische Vorurteile zu bedienen und den Islam als  Schreckgespenst zu diffamieren.

 Diese Leute verkleiden sich nicht als Ballermänner aus Internet-Spielen. Sie tragen dunkle Anzüge und kandidieren bei Wahlen. Und sie feierten zuletzt erschreckende Erfolge. In Dänemark, in Ungarn, in Österreich, in Finnland und sogar in den liberalen Niederlanden. In Norwegen kamen sie auf gut 20 Prozent.

Diese Leute werden den Vorwurf, sie hätten den blonden, blauäugigen Breivik zu seinen Verbrechen angestiftet, empört zurückweisen. Sie haben jetzt jedes Interesse daran, den Attentäter als verrückten Außenseiter darzustellen. Denn sie wollen Stimmung machen und Stimmen gewinnen, aber Verantwortung wollen sie nicht übernehmen, wenn die Saat des Hasses, den sie säen, aufgegangen ist.

Aber genau so ist es. Breivik mag geistig beschränkt und verwirrt sein, aber er hatte Grund zu der Annahme, er sei nicht allein. Er sieht sich ganz offenkundig als Teil einer internationalen Bewegung, als "Kreuzritter" im Kampf gegen den "Multikulturalismus". Er hat sich seine Ziele offenbar ganz bewusst ausgesucht. Er wollte Sozialdemokraten töten und Menschen, die ihm nicht norwegisch oder blond genug aussehen.

Sozialdemokraten stehen, in Norwegen wie in Deutschland, für eine offene Gesellschaft. Für eine Gesellschaft, in der jeder Mensch die Chance hat, aus seine Fähigkeiten das beste zu machen. Ganz gleich, woher er kommt, wie er aussieht, welchen Geschlechts er ist und was er glaubt.

Rechtspopulisten wollen das Gegenteil. Sie grenzen aus und teilen zu. Sozialdemokraten wecken Hoffnung, Rechtspopulisten schüren Angst.

Auf der Insel Utoya versammeln sich im Sommer junge norwegische Sozialdemokraten und ihre Gäste. Friedlich und frei. Wer es darauf anlegt, die norwegische Sozialdemokratie ins Herz zu treffen, für den ist das Sommerlager auf Utoya ein logisches Ziel. Anders Breivik wusste, was er tat. Und die so reden, wie er handelte, wissen es auch. Die Unschuldsmiene, die sie jetzt aufsetzen werden, ist eine Maske.

Was Breivik nicht wusste und vermutlich nicht begreifen wird: er hat zwar viele Menschen getötet und gewaltiges Leid über Familien und Freunde der Ermordeten gebracht, aber das Herz, das er treffen wollte, wird weiter schlagen. Menschen kann man erschießen, Ideen nicht. Liebe ist stärker als Hass.

vorwärts.de 25.07.2011

World Trade Center: Die Spur führt zu islamischen Fundamentalisten

22/7/1992

 
Es war „ein bemerkenswerter Tag„ für das FBI. Jedenfalls sagte das der amtierende US-Justizminister, Stunden nach der Verhaftung eines Verdächtigen im Zusammenhang mit der Bombenexplosion in New Yorks World Trade Center. Das FBI schien eher unfroh über dieses rasche Lob.
„Ganz klar,“ versuchte James Fox, Chef des New Yorker FBI-Büros, die Begeisterung von Politikern und Presse zu dämpfen: „Diese Ermittlungen sind nicht beendet.“ Viele Ungereimtheiten umgeben die Verhaftung von Mohamed A. Salameh, eines 26jährigen Jordaniers.
Bei der Explosion am Freitag letzter Woche kamen fünf Menschen ums Leben, mehr als tausend wurden verletzt. Die Bürotürme in Manhattans Finanzdistrikt sind bis auf weiteres unbenutzbar.
Salameh, wohnhaft in New Jersey, nahe bei Manhattan, Inhaber eines in New York ausgestellten Führerscheins, hat einen Lieferwagen gemietet, der im World Trade Center stand, als die Bombe explodierte. So viel steht fest. Aber nicht, ob er den Wagen auch gefahren hat. Und wenn ja, wer seine Helfershelfer waren.
Die Ermittler haben (Schwierigkeiten, durch die Trümmer im Keller des Wolkenkratzers an exakt die Stelle durchzudringen, wo die Explosion stattfand. Aber sie haben, in mühsamer Kleinarbeit,) das Nummernschild eines Kleinlastwagens rekonstruiert, in dem die Bombe untergebracht gewesen sein könnte. Der Wagen war gemietet und als gestohlen gemeldet. Die Spur führte zu einer Verleifirma in New Jersey und von hier aus zu Salameh.
Der Jordanier, laut FBI den Behörden „kein Unbekannter“, hat das Auto am Dienstag vor dem Anschlag gemietet und eine Kaution von 400 Dollar hinterlegt. Stunden nach der Explosion meldete er den Wagen der Verleihfimra als gestohlen und verlangte die Kaution zurück. Der Autoverleiher wollte zunächst eine Bestätigung der Polizei sehen. Die holte sich Salameh dann offenbar tatsächlich auch, bei einem örtlichen Polizeirevier. Anfang dieser Woche nahm er erneut Kontakt zur Verleihfirma auf, um an sein Geld zu kommen.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Spurenleser im World Trade Center schon auf den gelben Ford gestoßen, den Salameh gemietet hatte - aber ohne in ihren täglichen Pressekonferenzen davon etwas zu erwähnen.
Am Donnerstag morgen warteten FBI-Agenten auf den Jordanier. Sie waren als Angestellte der Verleihfirma getarnt. Salameh kam auch, ließ sich 200 Dollar auszahlen und wurde verhaftet. Bei der Vernehmung schien er des Englischen nicht mächtig zu sein und fragte immer nur: „Why?“ - „Warum?“.
Hätte Salameh an diesem Morgen die Zeitung „Newsday“ gelesen, wäre er den Behörden womöglich durch die Lappen gegangen. „Newsday“ berichtete nämlich, das FBI sei einem in New Jersey gemieteten Kleinlaster auf der Spur. Das FBI, offenkundig verärgert, sprach von einem „Leck“.
Die Agenten hätten Salameh offenbar gern länger unter Beobachtung gehalten. Denn es erscheint unwahrscheinlich, daß er allein gehandelt hat. Salameh gilt als islamischer Fundamentalist. Ein Prediger, zu dessen Gemeinde er zählt, Scheich Omar Abdel Rahman, ein égypter, betätigt sich als Eiferer gegen alle Ungläubigen, insbesondere gegen “Zionisten, Imperalisten und Kolonialisten.“ Rahman wird verdächtigt, mit der Ermordung des früheren ägyptischen Präsidenten Sadat zu tun gehabt zu haben.
(Auch im Zusammenhang mit dem Attentat auf den jüdischen Prediger Kahane 1990 hat das FBI gegen Rahman ermittelt. Der Attentäter war ebenfalls ein Jünger dieses fundamentalistischen Eiferers. Der israelische Geheimdienst wirft den USA seit längerem vor, arabische Terroristen fänden in der Anonymität amerikanischer Großstädte sicheren Unterschlupf und könnten von US-Boden aus vergleichwseise unbehelligt agieren. Mit Terroranschlägen auf amerikanischem Territorium haben sich islamische Gruppen aber bisher zurückgehalten.)
Eine Telefonnummer, die bei Salameh gefunden wurde, führte die Behörden zur Wohnung eines weiteren islamischen Fundamentalisten namens Josie Hadas. In dessen Wohnung fand das FBI Werkzeug und Drähte, die zur Herstellung einer Bombe benutzt worden sein könnten. (Ein Polizeihund, auf die Suche nach Strengstoff dressiert, schlug an, als er seine Nase in einen Wandschrank in der Hadas-Wohnung hielt.)
Durch die vorzeitige Publizität und die schnelle Verhaftung könnten die weiteren Ermittlungen erschwert worden sein. Hadas jedenfalls wurde bisher nicht gefunden. Doch New Yorks Bürgermeister Dinkins war überfroh, so unverhofft rasch einen Verdächtigen vorweisen zu können.
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