Es ist ruhig geworden um General Norman Schwarzkopf. Der Held des Golfkriegs ist Rentner und tritt nur noch selten im Fernsehen auf. Dabei hat er sich als ausgefuchster Kenner dieses Mediums erwiesen. In den USA wird jetzt nach und nach bekannt, wie seine Triumphmeldungen aus dem alliierten Hauptquartier zustandekamen.
Der Siegesrausch, der Amerika nach dem Golfkrieg durchwehte, ist längst verflogen. Geblieben sind Katergefühle. Saddam Hussein ist noch immer an der Macht; laut CIA sitzt er fester im Sattel als noch vor einem Jahr. Längst auch ist durchgesickert, daß der angebliche Präzisionskrieg in Wahrheit ganz so sauber und elegant nicht aussah, wie es die Fernsehbilder Glauben machen sollten.
Jetzt mußte das Pentagon gar eingestehen, daß die High-Tech-Bomben der Alliierten keineswegs alle irakischen Abschußrampen für Scud-Raketen ausgemerzt haben. Möglicherweise haben sie nicht eine einzige getroffen. Obwohl doch die Nachrichten während des Krieges voll waren von Treffermeldungen. Ein Pentagon-Sprecher erklärte das am Donnerstag mit der Qualität der Filmaufnahmen. Es sei eben schwierig, in der Dunkelheit von einem Düsenjäger aus gefilmte Objekte eindeutig zu identifizieren. Das klang vor Jahresfrist ganz anders.
Mit Scud-Angriffen auf Israel erschreckte der Irak die Welt. Schon das war verblüffend. Schließlich hatten doch die USA und ihre Verbündeten ihren eigenen Erfolgsmeldungen zufolge bereits in den allerersten Angriffswellen sämtliche Startbahnen und Abschußrampen des Irak zerstört.
Saddam Hussein hat eben auch mobile Scud-Rampen, hieß es, aber wir finden auch die. Am 30. Januar 1991 gab Oberbefehlshaber Schwarzkopf, wie nun schon gewohnt, in seinem saudi-arabischen Hauptquartier eine Pressekonferenz. Er kündigte einen Film an, der, "wie ich denke für sich selber spricht." Fersehzuschauer in aller Welt konnten sodann von ihrem Sessel aus mit den Augen eines F15-Piloten verfolgen, wie sieben schmale, dunkle Objekte in der Wüste ins Blickfeld kamen - ein Sprecher: "Das sind mobile Abschußrampen...schon geladen mit Scud-Raketen" - dann explodierten Feuerbälle, einer nach dem anderen - weil’s so schön war, gleich noch mal in Zeitlupe - der Sprecher: "...damit Sie sehen können, wie die Bomben wirken."
Professor Mark Crispin Miller von der John-Hopkins-Universität nennt die Schwarzkopf-Nummer vom 30. Januar "schiere Phantasie". In seinem demnächst erscheinenden Buch "Die Operation Wüstensturm und der Triumph der Illusion" schildert Miller ausführlich, wie die gezeigten Bilder entstanden.
Die Aufnahmen waren authentisch. Nur waren die länglichen schwarzen Objekte mitnichten Abschußrampen, sondern Lkws. Vermutlich schmuggelten sie Treibstoff über die jordanisch-irakische Grenze. Den F15-Piloten war das klar, schreibt Miller.
Aber warum hat niemand widersprochen, als General Schwarzkopf zwei Tage später mit den Videofilmen dieser Piloten den angeblichen Triumph amerikanischer Waffen über die Hinterlist der Iraker feierte? Miller zitiert einen Offizier: "Wenn man vor einem Drei-Sterne-General steht, seinem Vorgesetzten, und der sagt zu einem: Verdammt! Das sind Scuds!, dann hat man eine gewisse Neigung zu sagen: Yes, Sir!"
Der US-Geheimdienst sorgte dafür, daß die dunklen Flecken auf den Bildern nicht allzu sehr nach Treibstofftransportern rochen. Sorgsam gechönt kam der Film ins Allierte Hauptquartier zurück, um der Presse präsentiert zu werden. Kein Fernsehsender der freien Welt ließ sich das Schmankerl entgehen.
Miller: "Ein Sieg gutgezielter Propaganda."
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