Ist Bill Clinton ein sowjetischer Agent? Was hat er in Moskau gemacht, zu Weihnachten 1969? Und kann jemand, über dem solche Fragen schweben, Präsident der Vereinigten Staaten werden? Die Republikaner des amtierenden Präsidenten George Bush hoffen, daß nicht.
Eine handvoll republikanischer Kongreßabgeordneter um den stockkonservativen Robert K. Dornan hat das Thema ausgegraben. Tagelang hat Dornan in den Fluren des Kapitols gegen Clinton gewettert, bis endlich einige Zeitungen das Thema aufnahmen. Würde Clinton, so wie die Umfragen es beständig signalisieren, im November tatsächlich zum Präsidenten gewählt, drohe den USA Schlimmes, hat Dornan drohend gewarnt.
Die Sowjetunion existiert nicht mehr, der sowjetische Geheimdienst KGB macht niemandem mehr Angst. Aber vielleicht, so legt Dornan nahe, feiert er dann einen letzten Triumph: Wenn ein sowjetischer Einflußagent einzieht in das Weiße Haus.
Der Hintergrund: 1969 hat Clinton, damals Stipendiat im britischen Oxford, einen Vierzig-Tage-Trip durch Europa gemacht; durch Norddeutschland über Finnland nach Moskau und Prag; allein und auf eigene Kosten, wie Clintons Pressesprecherin Dee Dee Myers versichert.
Wirklich? Dornan und Co. nähren die Zweifel. Niemand, so sagen sie, habe damals allein und auf eigene Faust nach Moskau reisen können. Begabte, hoffnungsvolle amerikanische Studenten, wie Clinton einer war, seien zudem die bevorzugte Zielscheibe sowjetischer Propagandaaktivitäten gewesen. Und warum sollte Clinton die Hilfe der Kommunisten ausgeschlagen haben?
Schließlich lag damals der Vietnam-Krieg in seinen letzten Zügen. Clinton war ein Gegner des Krieges - wie die Sowjets. Clinton beteiligte sich an Demonstrationen. Das bestreitet er nicht. Manche Quellen behaupten, er habe sie an führender Stelle mitorganisiert. Um dann rasch eine Verbindung zwischen Clinton und dem World Peace Council nahezulegen, einer Organisation mit Ablegern in vielen westlichen Ländern. Dieses Council war einem US-Senatsbericht von 1980 zufolge eine Kreatur des KGB. Die Organisation soll mit rund 50 Mio Dollar aus Moskau gefüttert worden sein.
Dee Dee Myers versichert, Clinton habe in Moskau nur die üblichen touristischen Objekte besucht. Dornan mag das nicht glauben. Er verweist auf Gerüchte, wonach Clinton, um dem Wehrdienst in Vietnam zu entgehen, mit dem Gedanken gespielt haben soll, die Staatsbürgerschaft zu wechseln. Dummes Zeug, sagt Clintons Sprecherin.
Wie durch Zufall wurde gleichzeitig ruchbar, daß in Clintons Akten im Washingtoner Außenministerium, wo alle Unterlagen über Visa- und Ausbürgerungsanträge ruhen, einige Seiten fehlen. Das Magazin Newsweek berichtet in seiner neuesten Ausgabe, das FBI gehe dem nach.
Die Clinton-Leute bestreiten, damit das Geringste zu tun zu haben. Sie lenken den Verdacht in eine andere Richtung. Wer habe Zugang zu diesen Akten, fragen sie. Am ehesten doch wohl die Republikaner, die seit zwölf Jahren die Regierung stellen. Wollten sie eine falsche Spur legen?
Fest steht, daß Bush derzeit seine letzten Hoffnungen, das Weiße Haus doch noch zu halten, darauf setzen muß, daß an Clinton endlich Dreck hängenbleibt. Bisher sind alle Vorwürfe - der Ehebrecherei, der Drückebergerei, der Marihuanaraucherei - von ihm abgeperlt. Ein Bush-Mitarbeiter hat Clinton schon mit einem Unterton der Verzweifelung den "Teflon-Kandidaten" genannt. Eine Erinnerung an Ronald Reagan, den "Teflon-Präsidenten".
In einer Rede vor Italo-Amerikanern, in Gegenwart von Sophia Loren und Barbara Bush, hat Bill Clinton dem Ehepaar Bush bereits für deren "Jahre im Dienst der Vereinigten Staaten" gedankt. Ganz als wäre die Wahl bereits gelaufen. Zu seiner Reise nach Moskau hat er geschwiegen.
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April 2020
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