Albern? Kein Gedanke. Meinungsumfrage auf Meinungsumfrage belegt, wie unzufrieden die Amerikaner sind: mit ihren Schulen, ihren Straßen, zerfallenden Innenstädten, mit ihren Politikern. Porno im Internet, Schußwaffen auf dem Schulhof, ein Präsident in Jogging-Shorts.
In Disneyland ist alles anders. Da sind Straßen und Plätze aufgeräumt und sauber. Da ist die Welt noch in Ordnung. Jeder Angestellte lächelt. Manche singen sogar. Blut fließt nicht wirklich, Rassenhaß ist ein Fremdwort. Alle Autoritäten sind sympathisch, alle Gebrauchsanweisungen verständlich, und Abfall recycelt wird auch.
Warum soll man nur im Urlaub genießen, was man im Alltag so schmerzlich vermißt? Disney hat die Marktlücke erkannt und expandiert. Demnächst kann man unter den Fittichen des Konzerns Konferenzen abhalten, sich weiterbilden (im Disney Institute), heiraten gar. Eine Disney-Sportarena ist in Vorbereitung und ein Zoo, in dem sich sogar Tiere tummeln, die ausgestorben sind. Schon entsteht in Florida eine ganze Stadt nach Art der Maus; von der Türklinke bis zum Rathaus: alles von Disney.
Vor dort ist es nur ein winziger Schritt zur übernahme der ultimativen Verantwortung. Debatten über Natoreform oder Nafta-internen Normenabgleich, sie werden unterhaltsam und lehrreich, wenn von Disney orchestriert. Das Kapitol zu Washington wird die größte Besucherattraktion der Welt, komplett mit Wasserrutsche und Geisterbahn. Keine Sexskandale mehr und keine First-Lady-Ohrgehänge, die nicht zum Lippenstift passen.
Onkel Dagobert übernimmt die Finanzen der Nation, und deutsche Politiker werden noch öfter nach Washington reisen. Neu wäre: Ihre Kinder kommen gerne mit.
Die Panzerknacker und Klaas Klever spielen die Rolle der Opposition.
Die Finanzierung? Kein Problem. Steuern werden abgeschafft. Im Weißen Haus entsteht ein Gift Shop, Ausländer sind als zahlende Gäste willkommen. Jeder Amerikaner kauft bei Erreichen des konsumfähigen Alters einen Lifetime Disney Pass, und zwar gerne, berechtigend zur Teilnahme an Präsidentschaftswahlen. Die blieben auch weiterhin ein Vergnügen, nur mit noch mehr Musik und Gejohle.
Die Wahlbeteiligung wird steigen. Nie war Demokratie so schön.