Das Weiße Haus wird alles tun, den Medienrummel klein zu halten. Das Wahljahr hat begonnen, und Clintons Gegner frohlocken über jede Schlagzeile, die das Wort "Whitewater" enthält.
Whitewater hieß ein gescheitertes Immobilienprojekt in Arkansas, bei dem die Clintons nach eigenen Angaben Geld verloren. Ihre Partner bei dem Deal sind - wegen anderer Vorgänge - des Betruges angeklagt. Der Prozeß soll am 4. März beginnen. Auch Clintons Nachfolger als Gouverneur von Arkansas, Jim Guy Tucker, steht vor Gericht.
Hillary Clinton hatte vor einem anderen Gericht zu erscheinen, vor einer Anklagejury. Die soll feststellen, ob die Regierung im Zusammenhang mit Whitewater irgendetwas vertuscht hat. Die Vernehmung der First Lady war nicht öffentlich. Aber ihr Gang hinein in das Gerichtsgebäude in Washington glich einem Spießrutenlauf. Mit Mikrofonen und Kameras als Spießrutenersatz. Hillary Clinton zwang sich die ganze Zeit zu lächeln. Politische Choreographie verlangt es so: Jeden anderen Gesichtsausdruck hätten Fernsehzuschauer als Zeichen verstehen können, daß die Clintons in wirklich ernsten Schwierigkeiten sind.
Dabei sind die Vorgänge um Whitewater erstens kompliziert, zweitens lächerlich im Vergleich zu früheren Skandalen, die Washington erschüttert haben. Aber sie sind detailreich, was Anlaß zu langwierigen Ermittlungen bietet.
Ein anderer Zeuge in jenem Prozeß in Arkansas hat ausgesagt, die Clintons hätten ihn in den achtziger Jahren gedrängt, einen Kredit zu geben, an eine Sparkasse, die wenig später Bankrott erklärte. Die Sparkasse gehörte James und Susan McDougal, den Whitewater-Partnern der Clintons. Clinton hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe einen "Haufen Mist" genannt. Das dürfte er nun wiederholen, in gesetzteren Worten.
Die Anwälte der Angeklagten erhoffen sich von der Vorladung des Präsidenten eine Entlastung ihrer Mandanten. Der Richter nannte den Antrag begründet und vernünftig.
Clinton dürfte seine Aussage in Washington abgeben; entweder vor einer Videokamera oder "live" per Satellitenschaltung hinüber in den 2000 km entfernten Gerichtssaal. Eine Live-Schaltung würde es der Anklage erlauben, Clinton ins Kreuzverhör zu nehmen. Details müssen zwischen den Anwälten beider Seiten ausgehandelt werden. Clinton ließ erklären, er werde "voll kooperieren".
In Person vor dem Gericht in Arkansas zu erscheinen, wird Clinton aber vermeiden wollen. Er kann sich dabei auf keinen geringeren als Thomas Jefferson berufen, den Autor der Unabhängigkeitserklärung der USA.
Jefferson, Präsident von 1801-1809, weigerte sich, im Prozeß gegen den ehemaligen US-Vizepräsidenten Aaron Burr leibhaftig auszusagen. Er schrieb stattdessen eine schriftliche Stellungnahme und schuf so einen Präzedenzfall. Juristen in den USA streiten seither über das Verhältnis zwischen dem Präsidenten und der Justiz.
Die Präsidenten Gerald Ford und Jimmy Carter folgten Jeffersons Vorbild, machten sich aber den technischen Fortschritt zunutze. Sie sandten statt Texten Videobänder ein. Ford sagte 1975 im Prozeß gegen eine Frau aus, die ein Attentat auf ihn versucht hatte. Carter war 1978 Zeuge im Prozeß gegen den mutmaßlichen Investmentbetrüger Robert Vesco. Ronald Reagan wurde nach dem Ende seiner Amtszeit in den Ermittlungen um den Iran-Contra-Skandal vernommen. Auch er schickte ein Videoband.
Zu Jeffersons Zeit waren Skandale noch handfesterer Art. Burr hatte einen politischen Gegner im Duell tödlich verwundet.