Hans im Glück zog einst in die Welt, die Taschen voller Gold. Auch George Bush war noch vor einem Jahr der unbestrittene Führer nicht nur der USA, sondern der Welt.
Doch George Bush möchte allzu viel auf einmal. Als Kriegsherr hat er sich bewährt, aber er möchte auch ein "Umweltschutz-Präsident" sein, das US-Staatsdefizit vermindern, neue Arbeitsplätze schaffen. Vor allem aber möchte er im November wiedergewählt werden.
Die USA haben es fertiggebracht, auf dem Umwelt-Gipfel in Rio als globaler ôko-Buhmann dazustehen. Alle Umweltsünder unter den Nationen können sich beruhigt die Hände reiben: Im Rampenlicht stehen nicht die Chemiefabriken in Indien, die Atomkraftwerke in Rußland oder die Regenwald-Rodungen in Südamerika, im Rampenlicht, da steht George Bush.
Erst haben die USA den Vertrag über die Verminderung des Kohlendioxid-Ausstoßes verwässert, jetzt weigern sie sich hartnäckig, einem Artenschutzvertrag zuzustimmen. Erstens will Bush nicht dafür zur Kasse gebeten werden, in anderen Ländern aussterbende Tierarten zu retten. Zweitens haben ihm seine Berater gesagt, der Vertrag sei zwar vielleicht gut für Eulen und seltene Kräuter, aber schädlich für die US-Bio-Industrie.
Wenn überhaupt irgendwo, dann wittert die Bush-Regierung in der Biotechnologie neue Arbeitsplätze, den entscheidenden Schub, den die gebeutelte US-Wirtschaft braucht, um im Herbst wieder oben zu sein. Im Herbst, wenn der Wahlkampf seinen Höhepunkt erreicht.
Im Weißen Haus regieren jetzt die Wahlkampfplaner. Und die sind der öberzeugung, daß der US-Präsident in Rio keinen einzigen Wähler gewinnen kann. Jeden ökologisch denkenden Menschen in den USA hat er ohnehin längst gegen sich.
Bush, zuhause umstritten und belächelt, hat auf der Weltbühne bisher noch stets brilliert. Am Donnerstag, wenn er zu seinem Kurzbesuch nach Rio kommt, könnte das erstmals anders sein. Er will dort als oberster Welt-Umweltschützer auftreten. Das dürfte ihm schwerfallen. Der Präsident der Vereinigten Staaten droht sich lächerlich zu machen. Wer sich von internationalen Verträgen die Hände nicht binden lassen will, sollte sich nicht in Rio feiern lassen wollen.
Am Ende könnte es George Bush sonst ergehen wie dem Hans im Glück. Der stand zuletzt mit leeren Händen da.
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