Uwe Knüpfer
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US-Außenpolitik auf Schlingerkurs

2/8/1992

 
Der Kalte Krieg ist gewonnen, die Sowjetunion ist aufgelöst. Die Welt hat ihre schrecklichen Gewißheiten verloren. Der internationalen Politik fehlt der gewohnte, einfache Kompaß, der sagte: Hier ist West, dort ist Ost, hier Nord, dort Süd.
Viele hoffen, nun sei die Zeit multinationaler Organisationen gekommen, der KSZE, der Uno. Skeptiker lachen darüber, verweisen auf das von Natur aus langsame Entwicklungstempo solcher Organisationen, auf die Schwerfälligkeit internationaler Bürokratien. Doch wenn Uno und KSZE einer Welt im Wandel keinen Halt geben, wer dann?
Die USA? Sie sind und fühlen sich als Sieger des Kalten Krieges. Sie sind die letzte verbliebene Supermacht der Erde. Wenn die Uno mit Saddam Hussein nicht zurecht kommt, wenn die EG unfähig scheint, die blutende Wunde am eigenen Unterleib, in Jugoslawien, zu stillen, wenn der Westen vor der gigantischen Aufgabe erstarrt, der Hinterlassenschaft des Roten Reiches in Rußland und drumherum neue Hoffnung zu geben - immer richten sich die Blicke auf die USA.
Doch die Vereinigten Staaten zeigen sich dem nicht gewachsen, auch sie nicht.
Gegenüber Jugoslawien eierte die Regierung Bush nicht minder als die europäische Staatengemeinschaft. Mal hielten die USA die Europäer zurück - als es galt, Slowenien und Kroatien anzuerkennen -, mal drängten sie die Europäer zu forscherem Handeln, mal drohten sie den Serben mit militärischer Gewalt, dann schreckten sie genau davor wieder zurück.
Auch gegenüber dem Irak leidet die amerikanische Außenpolitik an ihrer eigenen Widersprüchlichkeit. Nach dem Sieg im Golfkrieg erlaubte Präsident Bush dem besiegten Saddam, erneut sein Haupt zu recken. Bush sah teilnahmslos zu, als Saddam Regimegegner hinrichten und wehrlose Kurden bombardieren ließ. Jetzt droht Bush mit einem neuen Krieg, sollte Saddam noch einmal so frech sein, Uno-Inspektoren nicht in ein irakisches Regierungsgebäude hineinzulassen. Jetzt macht die US-Regierung den Kurden-Führern Hoffnung auf Beistand, sollten sie versuchen, Saddam aus dem Sattel zu werfen. Die Kurden täten gut daran, nicht jedes aufmunternde Wort aus Washington für bare Münze zu nehmen. Am Ende sind sie es, die den Kopf hinhalten müssen.
Rußlands Präsident Jelzin bekam in Washington warme Worte zu hören. Dollars sollen folgen, heißt es. Vielleicht stimmt das, vielleicht auch nicht. Was Washington jedenfalls nicht hat, ist eine Vision davon, was aus Rußland und den anderen Erben der Sowjetunion werden könnte. Im Grunde hilflos sieht die letzte Supermacht dem Verfall der vorletzten zu.
Im Nahen Osten versucht US-Außenminister Baker Frieden zu stiften, hier tatsächlich mit Ideen, Zähigkeit und Engagement. Doch wie lange noch? öber Baker hängt das Damoklesschwert der amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Bush braucht Baker als Manager seiner Wiederwahl. Die ist ihm im Zweifel wichtiger als der Friede in Nahost oder das Schicksal der Kurden.
Die USA sind im Wahljahr. Die Richtlinien der Politik decken sich mit den Regeln des Wahlkampfs.
Doch, die USA betreiben noch immer auch Außenpolitik, aber nur soweit und zu dem Zweck, daß es die Wähler im eigenen Lande beeindruckt.
Wer eine neue Weltordnung errichten will, auf dem Fundament der Uno, muß warten, bis die Wahlen in den USA entschieden sind - oder selber Hand anlegen.

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