Uwe Knüpfer
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Steve Forbes und die Jagd auf Bob Dole

1/2/1996

 
Wieder bringt ein Millionär den US-amerikanischen Wahlkampf  durcheinander. Wieder einmal versucht ein Millionär mit Einsatz seines Geldes Präsident zu werden, und seine Konkurrenten nehmen ihn ernst, gezwungenermaßen.

Malcolm Forbes jr. heißt er. Alle Welt nennt ihn Steve. Er ist 48 Jahre alt, Erbe eines Verlages, Journalist und Hobbypolitiker, hat zuvor nie für irgendein Wahlamt kandidiert. Und doch macht er seinen republikanischen Mitbewerbern um die Präsidentschaftskandidatur das Kandidieren schwer, zunehmend schwerer.

Forbes hat sich einfach zwischen sie gedrängelt. Am Anfang, vor vier Monaten, nahm das niemand allzu ernst. Dann heuerte Forbes bewährte Profis als Berater an.

Bevor ein Republikaner im Herbst gegen Präsident Clinton antreten kann, muß er die parteiinternen Vorwahlen gewinnen. Von Bundesstaat zu Bundesstaat zieht seit Wochen schon der Troß der neun Kandidaten, macht sich den - bislang eher uninteressierten - Wählern  bekannt, händeschüttelnd, redend, ortsübliche Deftigkeiten begeistert verzehrend, vor allem: via Werbespots.

Die meisten, die teuersten Werbespots leistet sich Forbes. Die anderen Kandidaten müssen sich an Spielregeln beim Geldausgeben halten, sich mehr aufs Händeschütteln verlegen; sie beziehen Zuschüsse aus der Staatskasse. Forbes nicht. Er gibt sein eigenes Geld aus und tut das aus vollen Händen. Mehr als zehn Mio Dollar soll er schon in seinen Wahlkampf investiert haben, und das sehr wirkungsvoll.

In Iowa liegt Forbes Umfragen zufolge schon auf dem zweiten  Platz, hinter Spitzenreiter Bob Dole, dem 72jährigen Mehrheitsführer im Senat. Vor kurzem noch galt Dole noch als unangefochten, das einzige bekannte Gesicht in einem Feld der Zwerge. Das hat sich gründlich geändert, dank Forbes - und dank Dole selbst.

Doles Fernsehrede nach der Rede Präsident Clintons zur Lage der Nation am 23. Januar gilt als Desaster. Clinton sah klar besser aus. Seither wuchs im Lager der Republikaner die Vermutung zur Gewißheit: Dole kann Clinton nicht schlagen.

Wer in den frühen Vorwahlen vorne liegt, dem sind Presse- und Fernsehberichte sicher, wer hinten liegt, kann seine Kandidatur bald vergessen. Für Doles Kandidatur wäre jede frühe Niederlage lebensgefährlich. Das ist der Preis der Spitzenreiterschaft. Die Schlagzeilen hießen sofort: Dole angeschlagen.

Schon verfolgt den 72jährigen Senator bei seinen Reisen durchs Hinterland eine Geiern gleiche Pressemeute. Jeder Ausrutscher wird peinlichst notiert. Am Mittwoch besuchte Dole eine Brauerei in New Hampshire. Zu spät hatten seine Gehilfen bemerkt, daß die Brauerei ein Bier namens "Old Man Ale" auf Flaschen zieht. Prompt war Doles Alter die Zielscheibe süffiger Sottisen. Der Senator machte gute Miene zur Panne, erklärte, das Bier schmecke "jung und frisch".

Forbes' Wahlkampfschlager ist sein Versprechen, die gestaffelte Einkommensteuer durch eine Einheitssteuer von siebzehn % zu ersetzen, eine "flat tax". Kapitalerträge sollen gänzlich unbesteuert bleiben. Seine Konkurrenten rechnen ihm prompt vor, wieviel er selber davon profitieren würde. Forbes lächelt dazu nur und sonnt sich im Rufe, anders als Dole ein Außenseiter des Politikbetriebes der Hauptstadt zu sein. Das ist in US-Wahlkämpfen meistens ein Trumpf. Forbes: "Die Politiker begreifen's einfach nicht."


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