Die meisten Amerikaner halten ihn für einen verwöhnten Jungen aus reichem Haus, für ehrgeizig, für einen, der fünfe gerade sein läßt, wenn es um das eigene Vergnügen geht. Ross Perot, der unabhängige dritte Kandidat im Rennen um das Amt des US-Präsidenten, weiß es besser. Er hat gesagt, Clinton sei die Verkörperung des amerikanischen Traums.
Clintons Vater, William Blythe, kam vor der Geburt des Jungen bei einem Autounfall um. Seine Mutter arbeitete als Krankenschwester, um die Familie durchzubringen. Seine Kleinkindjahre verbrachte William Blythe jr. bei den Großeltern, in Hope, Arkansas. Die größte Attraktion dieses Ortes sind seine Wassermelonen. Später heiratete die Mutter wieder. Der Stiefvater adoptierte Bill. Seither trägt er dessen Namen; Clinton.
Der Stiefvater handelte mit Gebrauchtwagen, war Alkoholiker und aufbrausend. Die Familie zog nach Hot Springs um, in den Bergen von Arkansas, einen Badeort, der seine besten Tage hinter sich hatte. Bill Clinton sprach bislang nicht gern über seine Jugend, nur soviel: "Es war nicht alles schlecht."
1963 kam Bill Clinton zum ersten Mal nach Washington, als Pfadfinderführer. Präsident Kennedy drückte ihm die Hand. Davon gibt es ein Foto, ein Foto mit Symbolkraft, sollte Clinton tatsächlich am 3. November zum Präsidenten gewählt werden.
Als High-School Absolvent kam Clinton zurück in die US-Hauptstadt. Wo muß ich studieren, um Diplomat zu werden, hatte er seine Lehrerin gefragt. An der Georgetown-Universität, antwortete sie. Bill Clinton bewarb sich nur dort - und wurde angenommen.
Er war wißbegierig, klug und charmant, er fiel auf. Bill Clinton bekam eines der begehrten Rhodes-Stipendien für einen Studienaufenthalt in England. Schon das war ein riesiger Erfolg für einen Jungen aus Hope. Später studierte er noch in Yale; Rechtswissenschaften. Dort lernte er Hillary Rodham kennen.
Yale-Absolventen stehen in Amerikas Business-Welt alle Türen offen. Doch Clinton kehrte nach Arkansas zurück. Hillary folgte ihm. Eine Zeitlang unterrichteten die beiden an der Universität in Lafayette, kaum älter als ihre Studenten. Nebenher bewarb sich Clinton erst, vergeblich, um einen Sitz im Kongreß, dann, erfolgreich, um das Amt des Generalstaatsanwalts von Arkansas. Da war er 30 jahre alt.
Mit 32 wurde Clinton Gouverneur seines Heimatstaates, der jüngste Gouverneur der Vereinigten Staaten. Zwei Jahre später, 1980, wurde er wieder abgewählt. Er hatte allzuviel auf einmal ändern wollen. Die Wähler mochten das nicht und erteilten ihm eine Lektion. Seither gilt Clinton als Politiker, der Kompromisse sucht, auf Gegner zugeht. Versöhnen statt spalten, das Motto von Johannes Rau, es könnte auch von Clinton stammen.
1982 zog er erneut in den Gouverneurspalast ein und wurde seither viermal wiedergewählt. Mitte der achtziger Jahre gründete Clinton zusammen mit anderen jungen demokratischen Gouverneuren, Abgeordneten und Senatoren den Democratic Leadership Council. Ziel: die Partei von innen zu erneuern, sie wieder mehrheitsfähig zu machen, sie einzuschwören auf eine gemäßigte, zugleich soziale, ökologische und wirtschaftsfreundliche Politik. Der Parteitag in New York, das neue Programm, sie tragen die Handschrift dieses Councils.
In Clintons Arbeitszimmer im State Capitol von Little Rock, der Hauptstadt von Arkansas, steht eine Kennedy-Büste. An der Wand hängen Bilder von Abraham Lincoln, von Hillary Clinton, von Tochter Chelsea, von Bills Großvater, einem einfachen Arbeiter - und drei Porträts von Winston Churchill.
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