Edmund G. Brown, genannt Jerry, war perplex. "Was machen Sie, um mehr Delegiertenstimmen zu kriegen?" wollte der neunjähige Maurice McRae von ihm wissen. Brown, sprachlos, gab die Frage zurück: "Was meinst Du?" Des Schülers prompte Antwort: Brown solle sich nicht so anstellen und Geld annehmen von wohlhabenden Spendern. Sonst werde aus seinem Wahlkampf wohl nichts werden.
Brown, einst Gouverneur von Kalifornien, Sohn reicher Eltern,ist angetreten, eine Graswurzel-Revolution zu entfachen in Amerika. Wahlkämpfe werden in den USA üblicherweise aus Spenden bestritten. Brown nimmt von Einzelspendern maximal hundert Dollar entgegen. Er sieht Washington im Würgegriff des Großen Geldes. Solange sich daran nichts ändert, meint er, bleibt auch politisch alles beim alten.
Daß sich politisch einiges grundlegend ändern muß, ist herrschende Meinung im Lande. Die Zustimmung zum amtierenden Präsidenten George Bush ist, mitten im Wahljahr, niedrig wie nie. Aber auch der Kongreß ist unten durch in der öffentlichen Meinung. In Washington wird nur geklüngelt, glaubt der Mann auf der Straße, Probleme bleiben ungelöst.
Was schiefgelaufen ist in den USA während der letzten zwei Jahrzehnte, nirgendwo ist es augenfälliger als rostenden Dorado Kalifornien. Erst fanden die Hippies hier ihr Glück im kleinen Rausch, später die Yuppies der Computerindustrie im Silicon Valley. Und über allem schwebten rosarot Hollywood und Ronald Reagan mit Nancy.˙ Längst ist Kalifornien mit rund 25 Mio Einwohnern der bevölkerungsreichste Staat der USA. Die Arbeitslosenquote liegt mit 8,4 vh über dem Bundesdurchschnitt, das gleiche gilt für die Armutsrate (27 vh). Der Computer- und Waffenindustrie geht es schlecht, seit in Washington die Rüstungsprogramme schrumpfen, die Landwirtschaft leidet unter Trockenheit und Insektenplagen, die Tourismusbranche unter dem neuerdings schlechten Image von Los Angeles als Stadt knüppelnder Polizisten und plündernder Banden.
Am Dienstag wird in Kalifornien gewählt. Die Vorwahlen hier sind die letzte große Hürde der Präsidentschaftsaspiranten vor den Parteikongressen im Sommer. Sie gelten zugleich als Test für die eigentliche Wahl im November.
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