Die Demokraten sind begierig. zu siegen. Sie sind begierig, endlich einmal wieder den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zu stellen. Und die Zeiten, sie scheinen danach.
Seit zwölf Jahren regieren im Weißen Haus die Republikaner. Acht Jahren Ronald Reagan folgten vier Jahre Geroge Bush. Im November möchte Bush für eine zweite Amtszeit wiedergewählt werden. Die Mission sei noch nicht erledigt, sagt er. Welche Mission?
Die amerikanischen Wähler neigen dazu, von den Republiknern mehr Härte gegenüber Kommunisten und Verbrechern zu erwarten, auch mehr Sachverstand, wenn es um Gelddinge geht. Die Republikaner sind traditionell die Partei der Brieftasche. Die Demokraten sind die Partei fürs Herz.
Als die amerikanischen Wähler den Demokraten Jimmy Carter abwählten, 1980, und ihn durch Ronald Reagan ersetzten, hatten sie die Nase voll von einer Politik des schlechten Gewissens, von einem Präsidenten, der die Finger beharrlich in alle Wunden der Nation legte. Und der nicht imstande war, den Ayatollahs im Iran amerikanische Geiseln zu entreißen. Unter Reagan fühlte die Nation sich wieder groß.
Und es sollte ihr besser gehen, versprach der einstige Hollywood-Schauspieler. Schuld an Rezession und Elend im Lande seien die überbordenden Sozialprogramme der Demokraten, sei der Wohlfahrtsstaat. Die "Reaganomics" brachten Steuersenkungen für Unternehmer und Reiche, Kürzungen staatlicher Infrastrukturprogramme, knappe Kassen vor allem für die Städte, aber herrliche Zeiten für die US-Rüstungsindustrie. Und sie brachten Aufschwung und Arbeitsplätze.
Seit vier Jahren aber strauchelt die US-Wirtschaft durch ein tiefes Tal der Rezession. Die vielen neuen Arbeitsplätze der Reagan-Jahre, es waren zumeist schlecht bezahlte Jobs in Restaurants, im Kleingewerbe. Die industrielle Basis der Vereinigten Staaten zerbröselte. Eine neue ist noch nicht gefunden.
Nur die Rüstungs- und Elektronikindustrie blühte. Auch damit es es vorüber, seit der Kalte Krieg zuende ist.
Viele amerikanische Wähler haben das Gefühl: Außenpolitisch haben die Republikaner ihre Mission erfüllt, innenpolitisch haben ihre Rezepte versagt. Sie scheinen bereit, etwas Neues zu versuchen.
Eine Zeitlang schien dieses Neue aus Texas zu kommen, aus der Welt des Business. Es trug den Namen Ross Perot. Doch so erfolgreich der Milliardär aus Dallas im Geschäftsleben ist, im politischen Unterholz holte er sich rasch blaue Flecken. Sein Stern sank. Am Donnerstag zog er sich aus dem Rennen zurück. Zurück bleiben Zehntausende enttäuschter Perot-Aktivisten, ohne Kandidat, ohne Aufgabe.
Doch wer sonst kann die Nation aus dem Jammertal führen? Die Demokraten, diese ewig lamentierenden Nörgler, diese spendierfreudigen Weltverbesserer?
In New York auf ihrem Parteitag stellten sie sich gewandelt dar. Nicht als Partei des Contra, sondern des Pro. Pro-Business, pro choice, pro change. Wirtschaftsreundlich, für das Recht der Frauen, selbst zu entscheiden, ob sie abtreiben müssen. Für Wandel,für eine nationale Gesundheitsversicherung. Und geschlossen, hinter einem attraktiven Kandidaten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die USA Japan und Deutschland wieder aufgebaut, dieser Satz fehlt einer keiner Rede Clintons, jetzt, nach dem Ende des Kalten Krieges, sei es an der Zeit, daß die USA ihr eigenes Land wieder aufbauen.
Clinton verweist gern auf das deutsche Beispiel, um zu zeigen: Die Grundlage von politischem Einfluß in einer gewandelten Welt ist eine gesunde Wirtschaft. In einem Zeitalter der Abschreckung waren Kanonenboote die Trumpfkarten der Weltpolitik. In einem Zeitalter der Zusammenarbeit werde es Wirtschaftskraft sein, sagt Clinton. Es werde schwerer sein für die USA, ihre Führungsrolle zu behaupten. Statt Reaganomics setzt er auf eine Politik der sozialen Marktwirtschaft. Eine gesunde Wirtschaft setze sozialen Frieden voraus, gute Krankenhäuser und Schulen nicht nur für Reiche.
Zusammen mit Al Gore verkörpert Bill Clinton eine "neue Generation mit Führungskraft", die klare Gundsätze mit gemäßigtem Verhalten vereinbart. Clinton und Gore waren nicht die Kandidaten der Gewerkschaften. Auch nicht der Basisgruppen, die ihren Guru Jerry Brown verehren. Aber auch die Gewerkschaften und die vielen Minderheiten, die sich unter dem Dach der Demokraten versammeln, werden am Ende eher ihnen ihre Stimme geben als Perot oder Bush.
Die Wähler haben von Tricks und Schmuddelwahlkämpfen die Nase voll. Sie sehnen sich nach Visionen. Die ideale Zeit für einen jugendlichen Helden.
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