Reginald Frazier (29) fuhr einen stolzen Cadillac Cimarron. Bis ihn die Lust überkam und er eine Prostituierte ansprach, mitten in Washington. Jetzt steht Fraziers Cadillac auf Polizeigelände, beschlagnahmt, vielleicht für immer, und Fraziers Name steht in der Zeitung. Die Ordnungshüter in Amerikas Hauptstadt haben ein neues Mittel im Kampf gegen die Straßenprostitution gefunden.
Seit letzter Woche ist in Washington ein städtisches Gesetz in Kraft, das der Polizei erlaubt, die Fahrzeuge von Freiern zu beschlagnahmen. Werden die Verhafteten rechtskräftig verurteilt, bleibt der Wagen öffentliches Eigentum.
Die Polizei machte prompt von ihrer neuen Waffe Gebrauch, spektakulär. Eine Polizistin verkleidete sich als Prostituierte und stellte sich als Köder aus, an Washingtons Vermont Avenue. Mehrere männliche Autofahrer bissen an, hielten und wurden sich, wie sie glaubten, mit der vermeintlich käuflichen Dame einig. Willig ließen sie sich zu einem nahegelegenen Parkplatz dirigieren. Dort warteten auf die Autofahrer jedoch statt Sinnenfreuden Beamte in Zivil, Handschellen und ein Horde Fotografen.
In Washingtons ôffentlichkeit ist die neue Polizeitaktik heftig umstritten, auch wenn man über das zugrundeliegende Thema in diesem prüden Land nicht gerne offen spricht. Der Streit um den Strich offenbart nicht nur einen Konflikt zwischen Anstand und Laster, sondern auch zwischen zwei amerikanischenLebensstilen.
Die Mehrzahl der in Washington tätigen Beamten, Lobbyisten, Anwälte, Politiker arbeitet nur in der Hauptstadt, wohnt aber in den Suburbs, den Schlafstädten, die Washington wie ein dicker grüner Gürtel umschließen. Aus ihrer Sicht ist Washington ein Sumpf aus Verkehrschaos, Verbrechen und Unmoral, ihr Vorort eine sichere, saubere Burg.
Eine Minderheit von Washingtonians hingegen ist stolz darauf, in D.C., dem Dictrict of Columbia, dem engbegrenzten eigentlichen Hauptstadtbereich, zu leben. Viele haben Unmengen von Geld in die Restaurierung historischer Häuser investiert. Wird die Gegend zum Strich, sinkt der Wert ihrer Häuser in den Keller.
Die erwischten Freier kamen fast ausnahmslos aus den Suburbs. Anwohner klatschten Beifall, als die Polizei sie abführte. Michael Cover, Berufsangabe Lobbyist, voller Genugtuung: "Wenn ich das gleiche in deren Vorortvierteln machen würden, wären das die ersten, die die Polizei anriefen."
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