In den USA sind sie selbstverständlich. In Deutschland machen sie sich erst mühsam breit: getrennte Sammeltonnen für Plastikmüll, für Konservendosen, für Papier. Geregelte Katalysatoren für Autos waren in Amerika schon Alltagsgegenstände, als sie in Deutschland von vielen noch für Teufelszeug gehalten wurden. (Und seit dem Reaktorunglück von Harrisburg, einer Beinahe-Katastophe, ging kein neuer Atommeiler mehr ans amerikanische Stromversorgungsnetz.
Der Durschschnittsamerikaner ist nicht weniger umweltbewußt als der deutsche Michel. Der Begriff ôkologie hat in den Vereinigten Staaten weithin einen wesentlich besseren Klang als in den meisten Teilen der Europäischen Gemeinschaft.) Wie kommt es, daß die Europäer dennoch wie die Umweltengel wirken, die Amerikaner wie die lässigen Sünder, einen Monat vor dem Umweltgipfel der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro?
Nur mühsam hat sich die Bush-Administration dazu durchgerungen, in Rio einer Erklärung zuzustimmen, die den weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid begrenzt. Und das auch erst, nachdem es den US-Unterhändlern gelungen war, die Erklärung so unverbindlich zu formulieren, daß sie ähnlich leicht umgangen werden kann wie das Tempo-130-Angebot auf deutschen Autobahnen.
Wenn George Bush schließlich nach Rio reist, dann ohne jede Begeisterung, eher widerwillig. Ganz anders als der deutsche Bundeskanzler. Helmut Kohl war einer der ersten, der seine Teilnahme in Rio zugesagt hat. Kohls Engagement hat geholfen, das Ereignis aufzuwerten. Jetzt kommt die halbe Welt. Auch Bush wird am Ende kaum abseits stehen wollen. Der Formulierungskompromiß hilft ihm vielleicht gar, sich medienwirksam an die Spitze einer Bewegung stellen zu können, ohne selber zu marschieren.
(Denn in den USA herrscht Wahlkampf und im Weißen Haus das Bemühen, bloß ja nichts verkehrt zu machen. Hin- und hergerissen zwischen seinem Anspruch, der "Umwelt-Präsident" zu sein und dem selbstverordneten Ziel, alles zu tun, um amerikanische Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen, neigt George Bush zum Zögern. Vielleicht ist ja jeder Amtsinhaber so, dessen Wiederwahl nicht sicher ist.)
Vielen Amerikanern ist es peinlich, daß ihr Land im Vorfeld von Rio den Bremsklotz spielt. Zu Abertausenden bedrängen sie ihren Präsidenten, nach vorn zu preschen im Kampf gegen Ressourcenverschwendung, Luft-und Wasserverschmutzung.
Andererseits ist nichts so unamerikanisch wie ein kostspieliges Politiker- und Bürokraten-Tamtam ohne erkennbaren Nutzen. Das Gefühl ist verbreitet im Lande, Rio könnte mehr heiße Luft produzieren als wirksame Maßnahmen gegen den Ausstoß schädlicher Gase.
Tief wurzelt in der amerikanischen zudem der Unwille, sich von unkontrollierbaren internationalen Instanzen tadeln und gängeln zu lassen. Nach dem Motto: Unser Haus halten wir selber in Ordnung. So kann auch skeptisch sein gegenüber Rio, wer zuhause sorgsam Müll vermeidet.
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April 2020
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