Für die Los Angeles Times ist sie "der eine leuchtende Punkt" im Weißen Haus des George Bush: Barbara, die Frau des Präsidenten. Im Gegensatz zu ihrem Mann ist sie ungebrochen populär. Auf Drängen der republikanischen Parteitagsstrategen sitzt sie in Houston möglichst oft in der Präsidentenloge. Damit ihr Bild so häufig wie möglich im Fernsehen erscheint. Und nicht nur das. Normalerweise dürfen Politikergattinnen nur stolz aufblicken zu ihrem Mann, während der das Wort hat. Am Mittwoch sprach Barbara Bush zu den Delegierten der republikanischen Partei.
Ihr offizieller Titel ist "First Lady". Die Amerikaner haben ihr einen zweiten Ehrentitel gegeben: "Großmutter der Nation". Barbara Bush ist 67 Jahre alt, sie hat fünf Kinder und zwölf Enkel. Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin als First Lady, zu Nancy Reagan, will Barbara Bush nie jünger aussehen, als sie ist. Ihr stets sorgfältig onduliertes Haar ist von strahlendem Weiß.
Seitdem sie die Highschool verlassen hat, ist Barbara Bush, geborene Pierce, nicht von der Seite ihres Mannes gewichen. Rund zwei Dutzend mal ist sie mit ihm umgezogen, zuletzt ins Weiße Haus. Einen Beruf hat sie nicht erlernt, es sei denn den der Politikergattin.
Auf Fragen antwortet sie ungekünstelt, erfrischend geradeheraus, mit Humor. Barbara Bush hat ein Buch geschrieben, in dem ihr Hund Millie beschreibt, wie es sich lebt im Weißen Haus. Es verkauft sich prächtig.
In Interviews betont Frau Bush stets, die Politik mache ihr Mann, sie spreche nur für sich selbst. Aber manchmal fügt sie hinzu: "In diesem Punkt auch für George." Gelegentlich bleibt das nicht ohne Folgen.
Etwa, als sie pünktlich zum Nominierungsparteitag rundweg erklärte, das Thema Abtreibung habe in einem Parteiprogramm nichts zu suchen. Zur gleichen Zeit schrieben die Republikaner gerade in ihre Wahlplattform, Abtreibung sei von übel und gehöre bestraft.
Der Wahlkampfstab des Präsidenten zeigte sich von den Äußerungen der First Lady überrascht. Sie seien nicht abgesprochen gewesen, hieß es. Aber sie hatten den nützlichen Effekt, daß sich nun jeder - sei er pro oder contra das Recht auf Abtreibung - bei den Republikanern wohl fühlen kann. Die einen dank der Wahlplattform, die anderen dank Barbara Bush.
Die Präsidentengattin verliert selten ihr freundliches Lächeln. Nur als in der letzten Woche die alten Gerüchte, ihr Mann habe in den achtziger Jahren eine Affäre mit einer Mitarbeiterin gehabt, in die Schlagzeilen kamen, war sie wütend. Ob sie jetzt Sympathie für die Clintons empfinde, wurde sie gefragt. Bill Clinton, Bushs Gegenkandidat von den Demokraten, hatte im Frühjahr mit ähnlichen Schlagzeilen zu kämpfen. Ihm wurde ein Verhältnis zu einer Nachtklubsängerin unterstellt. Frau Bush gab zur Antwort: "Ich denke, es war falsch, diese Geschichten über die Clintons zu bringen. Ich habe das immer gesagt. Aber hier ist es anders. Dies ist eine Lüge!"
Barbara Bush sagt, sie verstehe nicht, wenn manche Beobachter sie für einen besseren Politiker halten als ihren Mann: "Das ist verrückt. Sie sollten George Bush lieben. Er ist wundervoll." Und: " Wir reden über Äpfel und Orangen. Was zählt, sind die Orangen. Ich bin der Apfel."
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