Uwe Knüpfer
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Hinrichtung

21/5/1992

 
Wieder ist ein Mensch in den USA von Amts wegen umgebracht worden. Erst vor wenigen Wochen starb Robert Harris in einer kalifornischen Gaskammer. Auch damals protestierten viele Amerikaner, obwohl Harris zweifellos ein Mörder war. Am Donnerstagmorgen nach europäischer Zeit starb Roger Coleman auf dem elektrischen Stuhl des Staats Virginia. Und das, obwohl erhebliche Zweifel an seiner Schuld bestanden.
Für Colemans Schuld sprachen Indizien, gegen seine Schuld sprachen andere Indizien. Im Zweifel für den Angeklagten, das ist ein Rechtsprinzip, das und die alten Römer lehrten, das Eingang gefunden hat in die Rechtsprechung aller zivilisierten Staaten der Welt. Es gilt auch in den USA, aber, wie sich zeigt, nicht immer, nicht für jeden.
Wäre Roger Coleman nicht arm, arbeits- und ahnungslos gewesen, hätte er frühzeitig einen erfahrenen Anwalt gehabt - er würde noch leben. Wäre sein Hinrichtungstermin nicht in ein Wahljahr gefallen, Roger Colemann könnte noch leben. 
Sein Tod auf dem elektrischen Stuhl ist ein erneuter Beweis dafür, wie barbarisch, wie unmenschlich, wie unzivilisiert die Todesstrafe ist. Vielleicht hilft er, in den USA die Diskussion über die Sinnhaftigkeit dieser Strafe erneut zu entfachen, und nicht nur dort.
Glaubt man den Bürgern, die sich zu Wort melden, war eine große Mehrheit gegen die Hinrichtung. Die meisten Politiker in den USA glauben aber lieber der schweigenden Mehrheit.
In letzten Meinungsumfragen - vor der Hinrichtung Colemans - bekannten sich drei von vier Amerikanern zur Todesstrafe. Viele Bürger haben den Eindruck, auf den Straßen ihrer Städte regiere nicht das Recht, sondern die Gewalt. Straßenkriminalität ist allgegenwärtig, jedenfalls da, wo die Armut zuhause ist. Die Polizei erscheint allzuoft ohnmächtig, die Justiz zahnlos, verstrickt in Paragraphen.
Seit den Unruhen in Los Angeles hat Amerikas Waffenindustrie Hochkonjunktur. Viele Bürger glauben, der Staat könne sie nicht genügend schützen. Sie kaufen sich Pistolen und Gewehre, um sich im Notfall selber verteidigen zu können.
In dieser Situation will der Staat, wollen Politiker beweisen, daß die Justiz doch funktioniert. Daß der Staat sich von tricksenden Anwälten nicht erweichen läßt. Wer sich als politscher Amtsinhaber in den USA in diesen Tagen nicht hart zeigt im Umgang mit dem Verbrechen, kann seine Hoffnungen auf Wiederwahl begraben. Auch deshalb mußte Roger Coleman sterben.

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