Uwe Knüpfer
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Frankieboy zum Achtzigsten: "Es war wie Magie"

6/12/1995

 
Frank Sinatra sei wie ein alter Onkel, den man furchtbar lieb hat, aber zu Weihnachten doch nicht gern am Tisch hat. So stand es im Magazin Newsweek. Nun, Frankieboy hatte es nie leicht mit Journalisten. Mit einigen hat er sich geprügelt. Womöglich täte er es heute noch - "My way" -, würde er nicht am 12. Dezember achtzig.

Tatsächlich. 80. Und er singt noch immer, manchmal jedenfalls. Seine Fans zittern dann mit: Denn dann und wann vergißt Frankie schon mal eine Zeile. Bei einem Konzert im März '94 brach er auf der Bühne zusammen. Macht nichts, er steht immer wieder auf.

Frank Sinatra war zeitlebens hart im Nehmen, hart im Geben, hart im Trinken. Im Alter ist er ruhiger geworden, nun gar schon seit vielen Jahren mit derselben Frau verheiratet. Ein Familienpatriarch ist er geworden, thronend über einem staattlichen Clan.

Bei einer fast dreistündigen Gala zu seinen Ehren saß er zumeist still dabei - Stillsitzen konnte Sinatra früher nie, schon in der Schule nicht, die er deshalb vorzeitig verließ. Diesmal  sah und hörte er andere singen; junge und alte Bekannte: von Ray Charles bis Sinead O'Connor. Auch Bob Dylan gab Frankie die Ehre.

Sinatra hat es immer verstanden, Gräben zu überbrücken. Er war mit John F. Kennedy befreundet - und mit Richard Nixon. Er verehrte Franklin Roosevelt - und Ronald Reagan. Er begann seine Schauspielerkarriere als Tralalasänger - und bekam einen Oskar für seine ernsthafte Rolle in "From Here to Eternity". Er veralberte in jungen Jahren mit Schuhcreme im Gesicht schwarze Musikanten - und stand mit Bravour auf gegen Rassismus und Intoleranz. Er brillierte als Familienvater und als Casanova.

Wenn jemand wegen seiner Hautfarbe oder seines Namens beschimpft oder ausgelacht wird, das kann Sinatra nicht leiden. Das war ihm die Lehre seiner Jugend in Hoboken, wo "Itacker" es schwer hatten in einer Nachbarschaft, die Iren kontrollierten. Vielen blieb Sinatra bis heute als Mafioso-Freund verdächtig, allein schon wegen seines Namens. Sinatra, das klingt so schön sinister.

"Ich habe zeit meines Lebens für Mafiosi gearbeitet," gab Frankie mit der ihm eigenen Direktheit zu: "In Nightclubs. In Vegas. Ich und alle anderen auch."

Mehr aber auch nicht. Darauf besteht er. Mit dem jungen, schmächtigen Sänger im Mafiafilm "Der Pate", der angeblich Sinatra nachgezeichnet ist, will er nicht verwechselt sein.

Der brave Junge von nebenan aber war er nie. Als Kind war er - "wie jeder" - Mitglied einer Straßengang. Sinatra: "Wenn mich jemand "dreckiges kleines Schwein" gerufen hat, gab es nur eins: Brich ihm die Knochen. élter geworden, habe ich begriffen, daß man es so nicht tun sollte. Ich begriff, daß man es durch Erziehung tun soll - vielleicht mit ein paar Ausnahmen."

Robert Mitchum über Sinatra: "Er ist ein Tiger."

In den Vierzigern war Frankieboy "Die singende Sensation", Held unruhiger Träume ungezählter junger Mädchen (die in den USA damals "Bobby-Soxers" hießen). Sinatra war der erste Sänger, um dessentwillen Krawalle ausbrachen, vor dessen Auftritten Stühle angeschraubt werden mußten. "Meine ganze Wirbelsäule vibriert, wenn Du singst," schrieb ihm eine Verehrerin, eine unter Millionen. 1944 galt Sinatra, Enkel mittelloser Einwanderer, als der bestbezahlte Mann der Welt.

Musiker, die mit ihm auftraten und ihn nicht kannten, fragten sich: Was finden die Frauen an diesem knochigen Hänfling? Bis Sinatra zu singen begann. "The Voice" haben sie ihn deshalb getauft: Die Stimme. Viel später dann noch: "Ol' Blue Eyes".

Seine erste Ehe zerbrach unter dem Ansturm der Verehrerinnen, speziell unter dem von Ava Gardner. "Wir fuhren zu einem kleinen gelben Haus im Nichols Canyon," erinnerte sich die Diva später,  "und schliefen miteinander. Und, oh, Gott, es war wie Magie."

Marlene Dietrich hat Sinatra "den Mercedes Benz der Männer" genannt.

Welcher Mann würde von solchen Zeugnissen nicht träumen.

Die Alliance mit Gardner war nur kurz und eruptiv - Sinatra werden mehrere Selbstmordversuche nachgesagt. In späteren Romanzen behielt er einen kühleren Kopf. Gardner folgten, unter anderen, Lauren Bacall, Juliet Prowse, Mia Farrow. Mia war zwanzig, Frankie 50, als sie heirateten. Die Ehe war von kurzer Dauer. Sinatra hatte es vorhergesagt: Aber einen Versuch sei es wert.

Ruhe und Beständigkeit hatte er damals, es waren die wilden Sechziger, in seiner Männerfreundschaft mit Dean Martin und Sammy Davis Jr. gefunden. Er war der Führer des Rudels, er war "The King of the Strip", der Glitzer- und Spielerwelt von Las Vegas, geworden.

1971 dankte der König ab, aber nur für kurze Zeit. Mit "Strangers in the Night" kam er zurück, und wie.

Als er siebzig wurde, war Sinatra längst "eine amerikanisiche Legende". Seinen 75. Geburtstag feierte er mit einer Welttournee. 1993 drängten sich seine Nachfolger als Helden der Jungmädchenträume, mit Sinatra im Duett zu singen. Im Januar bringt er eine neue Platte heraus: "Everything happens to me."

Alles fliegt ihm zu.

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