Kaum hatten US-Präsident Clinton und seine republikanischen Widersacher den wochenlangen Haushaltsstreit beigelegt, jedenfalls fürs erste, da rollte der schwerste Schneesturm seit Jahren über die Ostküste der USA weg und legte das öffentliche Leben lahm, gründlicher als jeder Politikerstreit.
Am Samstag, endlich, öffneten das Nationale Luft- und Raumfahrtmuseum, die Nationalgalerie und die anderen staatlich betriebenen Touristenattraktionen der US-Hauptstadt wieder ihre Pforten. Ab Montag hätten auch Visaanträge endlich wieder bearbeitet werden sollen - wäre der Schnee nicht dazwischengekommen.
280 000 Bedienstete des Öffentlichen Dienstes waren drei Wochen lang zwangsbeurlaubt, weil der Regierung das Geld fehlte, sie zu bezahlen. Weitere 480 000 hatten zur Arbeit zu erscheinen, wurden aber nicht entlohnt. Der Kongreß wollte Präsident Clinton zwingen, zunächst einer mittelfristigen Finanzplanung (für sieben Jahre) zuzustimmen, die neben drastischen Einsparungen, vor allem in Sozialprogrammen, grundlegende Reformen etwa im Gesundheitswesen, der Umweltpolitik und bei der Sozialhilfe mit sich bringen würde. Clinton sprach von Erpressung und kam den Republikanern zwar Schrittchen für Schrittchen entgegen, ohne aber deren grundlegende Forderungen zu erfüllen. Er werde, versprach er dem Wahlvolk publikumswirksam, die Rechte der Alten, der Kinder und der Umwelt vor dem Angriff der republikanischen Raubritter schützen.
Clinton tat der Streit in den Umfragen gut, das Ansehen der Republikaner hingegen sank. Bob Dole, Mehrheitsführer im Senat, sagte sich denn auch von der Taktik seiner "revolutionären" Parteifreunde los, schon vor Weihnachten, und drängte auf eine Rückkehr der zwangsbeurlaubten Beamten an ihre Arbeitsplätze. Aber erst am letzten Wochenende ließ sich die Mehrheit der Republikaner erweichen, Doles Kurs zu folgen, höchst widerstrebend nur. Vorerst gewährte sie der Regierung nur Geld für ausgewählte Programme, und das zumeist auch nur befristet bis zum 26. Januar. Der nächste Teil-Blackout der US-Regierung könnte damit vorprogrammiert sein. Die beurlaubten Beamten immerhin können frohlocken: Sie werden rückwirkend bezahlt.
Clinton reagierte prompt, indem er einen neuen mittelfristigen Haushaltsplan vorlegte, der zwei wesentliche Bedingungen der Republikaner erfüllt: Er sieht einen ausgeglichenen Bundeshaushalt im Jahr 2002 vor, und er basiert auf Wirtschaftsprognosen nicht des Weißen Hauses, sondern des Kongresses. Clinton sprach, betont ernst und nüchtern, von einem Haushalt der "nationalen Einheit".
Republikanische Hardliner aber schäumen. Denn Clintons Etatentwurf enthält Geld für zahlreiche Programme, die Republikanern ein Dorn im Auge sind. Und mitnichten jene Steuergeschenke für Unternehmen und Großverdiener, die wiederum den Republikanern ein Herzensanliegen sind. Ein Sparhaushalt ist es, aber den Abschied vom aktiven Staat bringt er nicht.
Die Republikaner müssen sich nun entscheiden, ob sie den Spatz ergreifen, den Clinton ihnen auf der ausgestreckten Hand präsentiert. Oder ob sie die Erpressung der Regierung nach dem 26. Januar fortsetzen wollen. Oder ob sie fürs erste ganz aufgeben und auf die Präsidentschaftswahlen im November setzen:
Nur Clinton, könnten sie dem Wahlvolk sagen, blockiere die Revolution. Clinton wiederum würde genau dasselbe sagen, mit umgekehrten Vorzeichen nur: Allein er könne und werde das Schlimmste verhindern.