George Bush ist Präsident der Vereinigten Staaten und will es bleiben, Bill Clinton will es werden. Doch wenn beide von der wirtschaftlichen Lage der USA reden, klingt das, als hätten sie grundverschiedene Länder im Blick.
Für Bush ist die Lage "besser, als die meisten Leute in Amerika denken." Für Clinton sind die USA von Platz eins unter den Wirtschaftnationen zurückgefallen auf einen Rang "irgendwo zwischen Deutschland und Sri Lanka". Bush verweist hoffnungsvoll auf einen sanften Rückgang der Arbeitlosenquote, für Clintons Sicht spricht: Der amtlichen Statistik zufolge sind die Amerikaner heute so arm wie seit 1964 nicht mehr.
Die Arbeitslosenquote, im Juni auf einem Höchststand seit eineinhalb Jahren (7.8 %), ist im August auf 7,6 % gesunken. Die Bush-Regierung verkündet jede Nachricht, die auf einen allmählichen Konjunkturaufschwung schließen läßt, mit lauten Fanfarenstößen.
Keine Musik erklang, als die Volkszählungsbehörde der USA in dieser Woche, wie jährlich, die Bewegungen an der offiziellen Armutsgrenze verkündete. Für 1991 lag diese Grenze bei knapp 14000 Dollar Jahreseinkommen für einen Haushalt von vier Personen. Das sind umgerechnet rund 20000 DM. 36 Mio Amerikaner hatten Einkünfte, die darunter lagen.
Nur 1964 waren noch mehr Amerikaner offiziell arm. Es war das Jahr, in dem Präsident Lyndon B. Johnson die Nation zum "Krieg gegen die Armut" aufrief.
Und wieder, wie 1964, sind es vor allem die Schwarzen, die auf Lebensmittelmarken und Wohlfahrtschecks angewiesen sind. Weniger als elf Prozent der Amerikaner europäischer Abstammung fallen unter die Armutsgrenze, aber 32,7 % aller Schwarzen.
Beunruhigender als die Zahlen der Armen - die ohnehin meist nicht zur Wahlurne gehen - ist für die persönlichen Berufsaussichten des Präsidenten, daß die Einkommen der Mittelschicht schrumpfen. Von 1989 bis 1991 ist das inflationsbereinigte mittlere Familieneinkommen um 5,1 % gesunken - während gleichzeitig vor allem die Kosten des Gesundheits- und Erziehungswesens förmlich explodieren.
Die Gebühren für ein Studium an einer amerikanischen Universität haben sich während der Reagan/Bush-Regierungsjahre verdoppelt. 90000 Dollar muß eine Familie heute zurückgelegt haben, um ein Kind zum College zu schicken. Und 35 Mio Amerikaner, eine Million mehr als im Jahr davor, waren 1991 ohne Krankenversicherungsschutz.
Doch es gibt auch Amerikaner, deren Einkünfte während der achtziger Jahre kräftig gewachsen sind. Es sind die Superreichen. Nahezu jeder zweite Dollar, der 1991 in den USA verdient wurde, floß in die Brieftaschen der obersten fünf Prozent auf der Einkommensskala.
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April 2020
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