Ronald Reagan versprach den Amerikanern einst das Morgenrot - "Morning in America". Zweimal wählten ihn seine Mitbürger zum Dank ins Weiße Haus. Ronald Reagan, der gelernte Schauspieler, verstand, was das Medienzeitalter vom Politikgeschäft verlangt. Vor allem sympathische Gesichter, knappe, einprägsame Botschaften. Botschaften nicht nur fürs Hirn, sondern - und vielleicht vor allem - auch fürs Herz. Manche sagen: für den Bauch.
In New York beweisen die Demokraten zur Zeit, daß sie ihre Lektion gelernt haben. Was dort abläuft, ist kein Parteitag im europäischen Sinn, keine Wahl- und Redenschlacht im Stil des 19. Jahrhunderts. Wen die demokratische Partei zum Präsidentschaftskandidaten nominieren wird, mit welchem Programm sie die republikanische éra Reagan/Bush beenden will, es stand lange schon fest.
ôffentliche Meinungsbildung findet in den USA wie in Deutschland schon lange nicht mehr in Versammlungslokalen und via Flugblatt und Parteiprogramm statt. Sondern via Telefon, Telefax, im Fernsehen und in den Zeitungsspalten.
Auch die Parlamente sind nicht mehr wie einst die eine einzige öffentliche Tribüne, auf der Interessen und Ideen aufeinanderprallen. Wer sich darüber grämt, beklagt in Wahrheit den technischen Fortschritt, beklagt die Demokratisierung von Kommunikation.
Die amerikanischen Parteien inszenieren ihre Zusammenkünfte als Medienereignis, als Polit-Show, so unterhaltsam wie ein Fußball-Länderspiel zwischen Deutschland und Holland, bei dem das Ergebnis vorher feststeht. Kritisch beobachtet von Journalisten, die jede Rede, jeden Auftritt kommentieren und sezieren wie Sportberichterstatter am Stadionrand. Beobachtet und benotet auch von Millionen Wählern daheim im Fernsehsessel.
Deutsche Beobachter erheben sich gerne amüsiert über das Politspektakel der US-Parteien. Das sollten wir besser lassen.
Die Amerikaner sind nur konsequenter. Sie praktizieren Parteiendemokratie im Medienzeitalter. Es lohnt sich hinzusehen. Sie zeigen uns, wo’s lang geht.
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April 2020
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