Uwe Knüpfer
Veröffentlichungen
  • Home
  • Archiv
  • Bücher
  • Zur Person
  • Impressum
  • Kontakt

Clintons außenpolitische Grundsatzrede wider den Isolationismus

6/10/1995

 
US-Präsident Bill Clinton hat sich am Freitag leidenschaftlich zu einer aktiven Rolle der USA in der Weltpolitik bekannt. Im Zeitalter internationalen Handels, weltweiter Kommunikation, offener Grenzen  sei Außenpolitik immer auch Innenpolitik, Innenpolitik nicht zu trennen von Außenpolitik: "Isolationismus ist absolut unmöglich!"

Clinton hielt seine Rede einen Tag, nachdem er einen neuerlichen Erfolg aktiver US-Außenpolitik verkünden konnte: das Inkrafttreten eines baldigen Waffenstillstandes in Bosnien. Und er wählte als Ort für die Verkündung seiner Botschaft die Tagung einer Organisation, die 1941 gegründet wurde, kurz vor dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg. Das parteiübergreifende Wirken des  "Freedom House" hat es dem damaligen Präsidenten Roosevelt und dessen Nachfolger Truman ermöglicht, Zustimmung auf dem Kapitol und in der US-Öffentlichkeit erst für die Kriegsrüstung, später für die Schaffung von Marshallplan und Nato zu finden.

Eine Art von Zustimmung, die Clinton gegenwärtig schmerzlich vermißt.

Aktiver Internationalismus, beschwor  Clinton seine Landsleute, habe den USA ein halbes Jahrhundert beispiellosen Wohlstands und Friedens beschert. Er warnte eindringlich davor, nun , nach dem Ende des Kalten Krieges, in Isolationismus zurückzufallen. Es sei zwar verständlich, sagte der Präsident, daß viele Amerikaner nun glaubten, sich auf die Lösung ihrer Probleme "daheim", im eigenen Land konzentrieren zu können, aber es sei "falsch".

Energisch wandte sich Clinton gegen beabsichtigte, "verantwortungslose" Kürzungen im Haushalt des State Department und  gegen die auf dem Kapitol betriebene Schließung der Sender "Freies Europa", "Radio Liberty" und der Voice of America. Clinton bekannte sich zur aktiven Mitgliedschaft der USA in internationalen Organisationen wie der UN und der Nato. Es sei unhaltbar, daß die USA  gegenüber den Vereinten Nationen einen Beitragsrückstand von mehr als einer Mrd Dollar haben. Clinton: "Wir müssen unseren fairen Anteil tragen."

Eine Mehrheit vor allem republikanischer Volksvertreter auf dem Capitol Hill sieht das derzeit ganz anders. Besonders die Weltorganisation ist dort unpopulär wie nie, und auch nach Sinn und Zweck der Nato wird immer lauter gefragt.

Clintons Demokratische Partei verlor bei den Kongreßwahlen 1994 die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses.

Erfolgreiche US-Außenpolitik habe immer versucht, internationale Koalitionen unter US-Führung zu bilden, erläuterte  Clinton; vom Zweiten Weltkrieg bis zum Golfkrieg bis zur Wiedereinsetzung Präsident Aristides in Haiti. Die USA müßten Führungskraft zeigen, aber sie könnten die Probleme der Welt nicht im Alleingang lösen: "In der Welt, in der wir leben, ist Unilateralismus keine Option."

Manchmal seien außenpolitische Initiativen zunächst unpopulär, aber dennoch notwendig, erklärte Clinton und führte als Beispiel die US-Bürgschaftshilfe für Mexiko an. Clinton mußte Milliarden von Dollar ohne Unterstützung aus dem Kongreß bereitstellen, um einen Finanzkollaps des Nachbarlandes zu vermeiden. Inzwischen habe sich Mexikos Wirtschaftslage so gut stabilisiert, sagte Clinton, daß ein Teil des Kredites vorzeitig zurückgezahlt werde. Aber zum Zeitpunkt des "Bailout" seien Umfragen zufolge 80 % der US-Bürger gegen die Entscheidung ihres Präsidenten gewesen. Auch die Haiti-Invasion war anfänglich unpopulär.

Aktuell benötigt Clinton die Unterstützung der Abgeordneten und Senatoren für die geplante Entsendung von Nato-Truppen nach Bosnien. "Wenn die USA nicht vorangehen, wird der Job nicht getan." Clinton versprach, die USA würden "jede Unze unseres Einflusses" geltend machen, dem vereinbarten Waffenstillstand einen Friedensschluß folgen zu lassen.

Von Belfast bis Jerusalem, von Prag bis Puerto Rico habe sich erwiesen: Amerikanische Führungskraft sei unerläßlich. Dabei fehle der Außenpolitik nach der Auflösung der Blöcke ein fester, vorgegebener Rahmen. Im Zeitalter nach dem Kalten Krieg verlange sie oft einen Prozeß des "Trial and Error", begründete Clinton indirekt, weshalb seine Regierung so lange brauchte, in Bosnien aktiv voranzugehen.

Comments are closed.
    Loading
    Getty

    Archiv

    April 2025
    June 2020
    April 2020
    April 2019
    February 2019
    May 2018
    March 2015
    January 2015
    October 2013
    July 2013
    April 2013
    June 2012
    January 2012
    December 2011
    September 2011
    August 2011
    July 2011
    May 2008
    December 2000
    November 2000
    February 1996
    January 1996
    December 1995
    November 1995
    October 1995
    December 1992
    October 1992
    September 1992
    August 1992
    July 1992
    June 1992
    May 1992
    April 1992
    January 1990

    Kategorien

    All
    Außenpolitik
    Bildung
    Bonn
    Ernährung
    Europa
    Fdp
    Frankreich
    Glossen
    Integration
    Irak
    Kommentare
    Kultur
    Leitartikel
    Medien
    Nachrufe
    Nahost
    Nato
    Rechte
    Religion
    Reportagen
    Rezensionen
    Ruhr
    Soziales
    Spd
    Sport
    Terror
    Umwelt
    Usa
    Verkehr
    Vorwärts
    Vorwärts
    Wirtschaft
    Zeit Artikel

    Downloads

    Die kompletten Jahrgänge 
    1992, 1993, 1994, 1995 sind als unformatierte txt. Dateien (Fließtext) erhältlich.

    Disclaimer

    Viele der hier verfügbaren Texte sind nicht end-redigiert. Sie können Fehler enthalten, die in der Druckfassung korrigiert worden sind. Das trifft insbesondere auf die Beiträge aus den Jahren 1992-2000 zu (USA-Berichterstattung). Das Copyright zu allen hier verfügbaren Texten und Fotos liegt beim Autor beziehungsweise bei den Fotografen. Wer Fotos oder Texte, im Ganzen oder teilweise, kopieren oder sonstwie publizistisch verwenden will, bedarf dazu der ausdrücklichen Einwilligung des Autors beziehungsweise des Fotografen.

Powered by Create your own unique website with customizable templates.