Eigentlich hätte er im November kommen und mit Aplomb Frankreichs Rückkehr in die Nato-Vollmitgliedschaft verkünden sollen. Wegen des US-Etatstreits wurde die Visite aufgeschoben, Nun fiel sie in eine Zeit, zu der die meisten Senatoren und Abgeordneten Urlaub oder Wahlkampf machen, und richtige Neuigkeiten brachte Chirac auch nicht mehr mit. Daß dennoch rund sechzig Gesetzgeber erschienen, müßte man normalerweise als Gunstbeweis für den Gast verstehen.
Doch normalerweise schicken abwesende Parlamentarier Mitarbeiter ins Plenum, für einen vollen Saal zu sorgen. Viele verzichteten diesmal darauf. Eine Gruppe von Abgeordneten aus Präsident Clintons Demokratischer Partei hatte wegen der französischen Atomtests im Pazifik zum Boykott der Rede aufgerufen: Sie protestierten, indem sie keine Vertreter schickten.
Auf der anderen Seite waren einige Republikaner ganz froh, Chirac nicht zuhören zu müssen, als der erwartungsgemäß die USA dazu aufrief, mehr für die Dritte Welt zu tun und sich international stärker zu engagieren, auch finanziell. Clinton war das aus der Seele gesprochen.
Zu allem überfluß verhielten sich anschließend US-Journalisten während einer gemeinsamen Pressekonferenz von Clinton und Chirac so, wie sie es immer tun. Sie interessierten sich nicht für den Gast und befragten Clinton nach innenpolitischen Themen.
Der US-Präsident tröstete Chirac mit einem glanzvollen Diner im Weißen Haus und ließ es auch an schmeichelnden Worten nicht fehlen. Er pries den französischen Einsatz für und in Bosnien, er begrüßte Chiracs Heranrücken an die Nato und dessen nunmehriges Werben für einen Stopp aller Atomwaffentest.
Den leeren Stühlen im Kongreß zum Trotz: Die Regierungen in Washington und in Paris haben sich selten besser verstanden.