Uwe Knüpfer
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Angebliche Bush-Affäre wird zum Wahlkampfthema - die Jennifer-Frage

12/8/1992

 
Anfang des Jahres behauptete eine frühere Kabarettsängerin, sie habe eine Affäre mit Bill Clinton gehabt. Bewiesen war nichts, aber alle Zeitungen und Fernsehsender berichteten darüber. Clinton, damals noch nicht offizieller Präsidentschaftskandidat der Demokraten, hatte anschließend lange mit der "Charakterfrage" zu kämpfen. Jetzt steht Präsident George Bush vor der Jennifer-Frage.
Gerüchte gab es seit Jahren. Daß Bush als Vizepräsident eine Affäre mit einer Mitarbeiterin hatte. Nur: Keine seriöse Zeitung, kein nennenswerter Sender berichtete darüber. Zu vage waren die Hinweise, zu entschieden die Dementis. Jetzt steht die Schmuddelgeschichte in allen Zeitungen, flimmert sie über alle Bildschirme. "USA Today", brachte sie groß auf Seite Eins.
Es begann als Fußnote in einem soeben erschienenen Buch, The Powerhouse, über die Wege und Umwege der Macht in Washington. Die Autorin, Susan Trento, behauptet, der ehemalige US-Botschafter in der Schweiz, Louis Fields, habe 1984 für Bush und seine Mitarbeiterin ein verschwiegenes Chateau besorgen müssen. Er fand ein Haus, das dem Sohn von Agha Khan gehört. Behauptet die Autorin des Buches.
Fields ist 1988 gestorben. Aber angeblich hat er dem Mann der Buchautorin 1986 ein Interview gegeben und dabei gesagt, ihm sei klar gewesen, daß Bush und seine Mitarbeiterin eine Romanze hatten.
Fotokopien der einschlägigen Buchpassage zirkulierten seither in Washington. Aber erst als eine New Yorker Boulevardzeitung am Dienstag mit der Balkenüberschrift "Die Bush-Affäre" aufmachte, wurde das Gerücht zum Wahlkampfthema.
Das Weiße Haus versuchte noch, im letzten Moment die Geschichte auszutreten. Vergeblich. Eine CNN-Reporterin nutzte Bushs Pressekonferenz mit dem israelischen Premierminister Rabin, um nach dem Wahrheitsgehalt der Story zu fragen. Bush reagierte aufgebracht, sagte erst, auf solche Fragen antworte er nicht, und dann: "Es ist eine Lüge."
Regierungssprecher Fitzwater kündigte später an, die CNN-Reporterin werde "nie wieder" im Umfeld des Weißen Hauses arbeiten. Aber da war der Damm gebrochen, nun stiegen alle Fernsehsender auf das Thema ein. Ein CBS-Reporter fragte Bush unumwunden: "Hatten Sie jemals eine Affäre?" Bush wich der Frage aus, sagte, er "warne" den Reporter, dieses Thema am Leben zu erhalten.
Die Dame, um die es im Fall Clinton ging, heißt Jennifer Flowers. Jennifer heißt auch die angebliche Bush-Freundin, Jennifer Fitzgerald. Sie war eine enge Mitarbeiterin des heutigen Präsidenten schon während dessen Jahre als Botschafter in China und dann zu Beginn seiner Vizepräsidentschaft. Heute ist Frau Fitzgerald, 59, stellvertretende Protokollchefin des US-Außenministeriums.
Erst vor kurzem hat der Bush-Stab die Gerüchte im Zusammenhang mit Clintons ehelicher Treue erneut in Erinnerung gebracht, via Presseerklärung. So rechtfertigt sich dieamerikanische Presse, Bush selbst sei es, der moralische Fragen, "Charakterfragen", zum Wahlkampfthema gemacht hat.
Bill Clinton nahm Bush in Schutz: "Ich mochte es nicht, als es mir angetan wurde, und ich mag es nicht, wenn es ihm widerfährt." Auf einem "persönlichen Niveau" nämlich könne er George Bush gut leiden, und auch dessen Frau Barbara.
Nur politisch sind die beiden Gegner. Und Bush konnte kaum schlimmeres widerfahren, als zehn Wochen vor der Wahl mit der Jennifer-Frage konfrontiert zu sein. Er steht jetzt dort, wo Bill Clinton vor einem halben Jahr stand: mit dem Rücken an der Wand.


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